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Athens erste Bürgermeisterin Dora Bakoyannis.
Foto: Reuters/Langsdon
Wien - Dora Bakoyannis, Jahrgang 1954, ist die erste weibliche Bürgermeisterin von Athen - einer Stadt, die auf eine 3.000 Jahre alte Geschichte verweisen kann. Bakoyannis, die diese Woche wegen des Opernballs nach Wien gekommen ist, sprach mit Alexandra Demcisin über Frauen in der Politik, über ihre persönliche Bilanz der Olympischen Spiele im Sommer 2004 und über ihre Hilfsinitiative für die Opfer des Tsunamis in Südasien. Die beliebteste Politikerin des Landes verriet auch, dass Griechenland wohl schon bereit für eine Ministerpräsidentin wäre.


Bakoyannis, die von Bürgermeister Michael Häupl und Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl eingeladen wurde, freut sich schon auf den Opernball. Bälle gebe es nämlich in Griechenland nicht, sagt sie. Ansonsten hätten Wien und Athen viel gemeinsam. Beide helfen etwa nach der Flutkatastrophe in Sri Lanka.

Hilfsprojekte für Flutwellen-Opfer

"Wien ist eine sehr aktive Stadt", betont Bakoyannis, die eine Hilfsinitiative gestartet hat. Sie schlägt vor, dass europäische Hauptstädte selbst Hilfsprojekte in den von den Flutwellen betroffenen Gebieten umsetzen. Sie meint Konkretes, wie den Bau eines Waisenhauses oder eines kleinen Krankenhauses. Städte sollten ihre Einwohner außerdem motivieren, eine Patenschaft für Waisenkinder in der Region zu übernehmen. Und eine europäische ExpertInnen-Datenbank für Krisenfälle soll entstehen. "Wir hatten nicht genug Experten, die dann nach Südasien gingen und wussten, was zu tun ist."

"Die Menschen waren sehr spontan. Sehr schnell gab es sehr viel Geld, das zusammen gekommen ist", hebt Bakoyannis im Zusammenhang mit der Tsunami-Katastrophe hervor. "Die Bürger waren sogar viel schneller in ihren Reaktionen als die Regierungen. Das ist sehr wichtig, das ist eine gute Nachricht, die aus Europa kommt."

Schlüsselwort Toleranz

Europa sollte außerdem mehr Mut zu gesellschaftspolitischen Reformen haben, meint Bakoyannis. "Ich glaube, die großen gesellschaftlichen Probleme, die wir in Europa haben, werden in den Großstädten stattfinden." Ursachen seien etwa Isolation oder Immigranten. Man finde auch viel mehr Alleinerzieherinnen-Haushalte in einer Stadt als irgendwo anders. Diese "Probleme" seien daher auch auf Ebene der Städte gezielt lösbar. "Das wichtigste Wort ist Toleranz", sagt die Bürgermeisterin.

Ad Olympia

Positiv hätten sich auf ihre Stadt jedenfalls die Olympischen Spiele ausgewirkt, ergänzt Bakoyannis. Athen habe sich verändert. Es sei eine saubere, schöne Stadt mit guter Infrastruktur und vielen touristischen Möglichkeiten geworden. "Ich war eine von Tausenden Menschen, die dafür gearbeitet haben, damit die Stadt für die Spiele fertig wird. Das hat uns sowieso niemand zugetraut", sagte sie in Anspielung auf die Zweifel, die es im Vorfeld gegeben hatte.

"Wir hatten auch das Pech, die erste Stadt nach dem 11. September zu sein, die Olympische Spiele durchführen musste, und das war natürlich sehr schwer", gab die Bürgermeisterin zu. Hermetische Sicherheitsmaßnahmen würden der Identität der Olympischen Spiele als das größte friedliche Ereignis widersprechen. "Wir haben die Balance gefunden."

Egal ob Mann oder Frau

Bakoyannis, deren erster Ehemann, ein Parlamentsabgeordneter, 1989 von Terroristen erschossen wurde und die außerdem Tochter des früheren Ministerpräsidenten Konstantinos Mitsotakis ist, kann sich auch eine Rückkehr in die griechische Bundespolitik vorstellen. "Ja, ich werde das wahrscheinlich machen, wenn ich meine Amtszeit in Athen beendet habe", sagt die ehemalige Kulturministerin und ergänzt: Frauen haben es in der Politik nicht unbedingt schwerer als ihre männlichen Kollegen. "Ich glaube, es gibt gute und schlechte Politiker, ob das jetzt Frauen oder Männer sind, ist nicht so wichtig. Die Unterschiede sind am Start - ob man als Frau wirklich in die Politik hinein gehen kann oder will."

Ob Griechenland reif für eine Ministerpräsidentin wäre, wird die Politikerin der konservativen Regierungspartei Neue Demokratie abschließend gefragt. "Gesellschaftlich gesehen würde Griechenland kein Problem damit haben", antwortet sie. (APA)