Bei der Sicherheitskontrolle am Flughafen fällt Markus Hinterhäuser mitunter unangenehm auf. Weil er ein Köfferchen mit Schrauben, Muttern und Radiergummis mit sich führt. Als Handgepäck. Was ihn natürlich verdächtig macht. Aber die Utensilien benötigt der Pianist, um seiner Profession überhaupt nachgehen zu können.

Die Schatzkiste würde Hinterhäuser nie im Frachtraum befördern lassen: Zu groß ist die Gefahr, dass die zahlreichen Schrauben und Muttern, in aller Welt gesammelt, irgendwo anders landen. Und er das Klavier nicht präparieren kann, wie John Cage es in seinen Partituren verlangt.

Mit der Musik des 20. Jahrhunderts ist Hinterhäuser, 1959 in La Spezia, Heimatstadt seiner italienischen Mutter, geboren, vertraut wie kaum ein Zweiter: Er spielte das Klavierwerk von Arnold Schönberg, Alban Berg und Anton Webern ein, er beschäftigte sich intensiv mit Luigi Nono, Karlheinz Stockhausen, Giacinto Scelsi, Galina Ustwolskaja, György Ligeti.

Aber auch die Literatur der Romantik hat sich Hinterhäuser, der an der Wiener Musikuniversität und am Mozarteum studierte, erarbeitet. Mit Christoph Marthaler entstand unter anderem eine recht schräge Dramatisierung von Franz Schuberts Zyklus Die schöne Müllerin. Zudem verdiente er sein Geld mit Liedbegleitung: Über die Tourneen mit Brigitte Fassbaender kann Hinterhäuser, Genussmensch und eindringlicher Erzähler, Abenteuerliches berichten.

Pop hingegen ist nicht das Seine. Mit Ausnahmen: Hinterhäuser schwärmt für Leonard Cohen. Und für eine entscheidende Szene der Zürcher Dramatisierung von Elementarteilchen wählte er Ruby Tuesday von den Rolling Stones aus - allerdings in der Version von Melanie. Als er die Woodstock-Veteranin letzten Spätherbst erstmals live hörte, brach eine Welt für ihn zusammen: Melanie hat ihr Lied wie ihren Mythos so zerstört.

Aber auch als Veranstalter von unbequemen Crossover-Projekten trat Hinterhäuser, der in Salzburg gleich neben dem Nonnberg-Kloster wohnt, hervor: Gemeinsam mit Tomas Zierhofer-Kin, nun Intendant des Donaufestivals, organisierte er in der Ära von Festspielintendant Gerard Mortier, von 1993 bis 2001, das biennale Zeitfluss-Programm der Festspiele: Hans Landesmann, damals Konzertchef, wurde sein Fürsprecher.

Peter Ruzicka hatte für Hinterhäuser zwar keine Verwendung. Aber Landesmann wurde Musikchef der Wiener Festwochen - und verpflichtete ihn 2002 für das Projekt Zeit-Zone. Landesmann war es auch, der ihm riet, das Angebot anzunehmen, Konzertdirektor der Festspiele unter Jürgen Flimm zu werden. Eine mutige Entscheidung des Direktoriums. Denn Hinterhäuser äußerte sich offen zur Kulturpolitik in Österreich. Die sei "zum Speiben", sagte er. (Thomas Trenkler/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 2. 2. 2005)