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Tränen bei Heide Simonis, als sie im Oktober auf den ersten Listenplatz gewählt wurde. Nach der Wahl will Schleswig-Holsteins Ministerpräsidentin noch einmal vor Freude weinen.

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Einen starken Auftakt für Rot-Grün will Heide Simonis am 20. Februar bei der Landtagswahl in Schleswig-Holstein hinlegen. Dass Kanzler Schröder bei seinen Reformen nicht eingeknickt sei, helfe ihr dabei, sagte sie Birgit Baumann.

STANDARD: Die Landtagswahl soll der Auftakt zur Wiederwahl von Rot-Grün im Bund 2006 sein. Ist der Druck auf Sie deshalb besonders groß?

Simonis: Nicht von den anderen, höchstens weil ich selbst hohe Erwartungen an mich habe. Wir brauchen einen Dreisprung: In Schleswig-Holstein einen unglaublich starken Anlauf mit gutem Absprung, dann kommt im Mai in Nordrhein-Westfalen der zweite Hupfer und 2006 im Bund der dritte.

STANDARD: Umfragen sagen eine Fortsetzung des rot-grünen Bündnisses voraus.

Simonis: Gewonnen ist die Wahl noch nicht. Wenn wir keine Fehler machen und uns anstrengen, bin ich aber recht zuversichtlich.

STANDARD: Werden Sie vom Bundestrend unterstützt?

Simonis: Es ist eine Hilfe. Dadurch, dass Kanzler Schröder zu seinen Reformen gestanden hat, hat er sich Respekt, Anerkennung und sogar so etwas wie Zuneigung erworben.

STANDARD: Sie selbst scheuen im Wahlkampf das unpopuläre Thema Erhöhung der Mehrwertsteuer nicht.

Simonis: Ja, aber nicht sofort, und wir sagen dazu, dass wir die Erhöhung wollen, um die Einnahmen in die Sozialsysteme fließen zu lassen und so Lohnnebenkosten zu senken. Und dass wir das wollen, um neue Arbeitsplätze zu schaffen.

STANDARD: Der Bund hat Ihr Steuermodell mit höherer Mehrwertsteuer und stärkerer Belastung von Besserverdienenden gerade abgelehnt.

Simonis: Unser Konzept wird in einer Arbeitsgruppe des Parteivorstandes zur Wahl 2006 diskutiert. Da ist noch nichts entschieden. Es wird von vielen - etwa von Unternehmern - positiv beobachtet. Die Gewerkschaften wollen es sowieso. Natürlich sagen andere, eine höhere Mehrwertsteuer wäre ungerecht. Das kann man auch anders sehen. Wer Luxusgüter kauft, zahlt mehr, wer preiswert kauft, weniger. Außerdem wollen wir bei Grundbedürfnissen, etwa Lebensmitteln und Medikamenten, einen ermäßigten Steuersatz erheben.

STANDARD: Was muss die Regierung bis zur Bundestagswahl 2006 noch leisten?

Simonis: Den Menschen sagen, wie wir die Sozialsysteme, die wir jetzt stabilisiert, aber noch nicht nachhaltig gerettet haben, weiterentwickeln wollen. Vordringlich müssen wir bei der Pflege- und der Gesundheitsreform weiterarbeiten.

STANDARD: Wird der Zorn über Hartz IV bis zur Bundestagswahl 2006 vergessen sein?

Simonis: Die Einsicht, dass Hartz kein Teufelswerk ist, ist gewachsen. Es gibt ein Monitoring, in einem halben Jahr werden wir sehen, wo schlimme Fehler passiert sind, die wir korrigieren müssen.

STANDARD: Kanzler Schröder rechnet bei der Wahl 2006 noch einmal mit CDU-Chef Edmund Stoiber als Herausforderer? Tippen Sie als Frau eher auf Angela Merkel?

Simonis: Das wird noch von den Wahlen abhängen. Ihr Stern ist ein bisschen am Verblassen. Sie und ich haben uns immer höflich behandelt, nach dem Motto "wir müssen jetzt ja nicht die Zicken spielen". Aber sie strahlt schon eine gewisse Härte aus. Es könnte sein, dass sie es nicht schafft. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 2.2.2005)