Der Grenzübergang nach Ägypten bei Rafah, für die Palästinenser eine der wenigen Verbindungen ins Ausland und nach einem Anschlag wochenlang gesperrt, wurde gestern von den Israelis zwar wieder geöffnet, aber die Wiederannäherung scheint jetzt etwas an Tempo zu verlieren.

Hatte man spekuliert, dass nach der relativen Beruhigung im Gazastreifen die Polizeipatrouillen des neuen Palästinenserchefs Mahmud Abbas vielleicht schon diese Woche auch im Westjordanland ausschwärmen würden, so haben Zwischenfälle beide Seiten wieder misstrauisch gemacht. Am Montag war ein zehnjähriges palästinensisches Mädchen in seiner Schule in Rafah unter ungeklärten Umständen von einem Geschoß getötet worden. Radikale Palästinenser deckten jüdische Siedlungen daraufhin mit Granatensalven ein.

Das scheint einer der Gründe dafür gewesen zu sein, dass bei einem Treffen zwischen Israels Verteidigungsminister Shaul Mofas und dem Abbas-Vertrauten Mohammed Dahlan in der Nacht auf Dienstag fast nichts herauskam. Mofas hatte zuvor zwar anerkennend berichtet, dass die Häufigkeit der palästinensischen Attacken um 75 Prozent gesunken sei. Nun hieß es aber, man wolle den Palästinensern erst dann weitere Sicherheitsbefugnisse übertragen, wenn im Gazastreifen völlige Ruhe herrsche.

Die Autonomiepolizisten müssten nicht nur vor Ort sein, sondern auch aktiv gegen die illegalen Gruppen vorgehen. Die Palästinenser wiederum wollen Garantien dafür, dass Israel Soldaten abziehen, Passagen öffnen und Gefangene freilassen wird.

Doch die Gespräche gehen weiter, und man rechnete damit, dass zunächst Ramallah und dann vier weitere Autonomiestädte im Westjordanland der Sicherheitskontrolle der Palästinenser übergeben werden - vielleicht im Umfeld des für nächste Woche angesteuerten Gipfels zwischen Abbas und Israels Premier Ariel Sharon. Für Bewegung in der Region könnte auch Condoleezza Rice sorgen, die auf ihrer ersten Auslandstour als US-Außenministerin am Sonntag in Jerusalem eintreffen soll. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 2.2.2005)