Der Krieg zwischen rivalisierenden Clans der Camorra
um die Kontrolle der kriminellen Aktivitäten in Neapel hält die Stadt
weiterhin fest im Griff. Allein am Montag wurden vier Personen
erschossen. Am Vormittag wurde ein 63-Jähriger in Secondigliano von
zwei Killern auf der Straße erschossen. Am Nachmittag wurden die
Leichen von drei Anhängern des einflussreichen Di Lauro-Clans mitten
auf einer Strasse gefunden. Zwei der drei Opfer waren an den
Handgelenken aneinander gefesselt. Eines war kürzlich aus dem
Gefängnis entlassen worden. Mit diesen Morden wuchs die Zahl der
Camorra-Opfer seit Jahresbeginn auf 18.
Die Bürgermeisterin von Neapel, Rosa Russo Jervolino, zeigte sich
erschüttert. "Wir leben unter dramatischen Umständen. Jeden Tag
hoffen wir, dass die Gewaltspirale ein Ende finden wird, doch jeden
Tag werden wir enttäuscht. Ich hoffe, dass die Sicherheitskräfte
diesem Albtraum ein Ende bereiten."
"Machtvakuum"
Innenminister Giuseppe Pisanu versprach eine scharfe Reaktion des
Staates gegen die organisierte Kriminalität: "Wir werden Schlag auf
Schlag auf die Offensive der Camorra reagieren. Wir planen auch
langfristige Maßnahmen, um die wirtschaftliche Basis des
organisierten Verbrechens zu unterminieren."
Als Ursache für Gewalt sehen Experten ein "Machtvakuum" innerhalb
der Camorra, wie die neapolitanische Mafia genannt wird. Der Krieg
sei ausgelöst worden, als sich kleinere Familien vom mächtigen
Di-Lauro-Clan hätten lösen wollen. Die Regierung hatte vergangene
Woche Dutzende "Paten" festgenommen. Experten meinen, es werde erst
dann wieder Ruhe einkehren, wenn in der Unterwelt die Vorherrschaft
eines Clans anerkannt werde.
Traditionell ist die Camorra im Drogen- und Waffenhandel sowie mit
Erpressungen aktiv. 13.000 Polizisten sind in Neapel stationiert,
mehr als in jeder anderen italienischen Stadt. Dennoch haben sich
regelrechte "staatsfreie Zonen" entwickelt, in denen die Camorra das
Sagen hat. Im vergangenen Jahr wurden 136 Morde in Neapel gemeldet.
Mit 800.000 Einwohnern ist die Metropole nach Rom und Mailand
Italiens drittgrößte Stadt. (APA)