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Haider sieht sich als "Reformer, der den sicher nicht leichten Weg beschritten hat, Österreich in eine normale Demokratie zu verwandeln".

Foto: APA/Eggenberger
Standard: Die FPÖ musste in der Wehrdienstdebatte wieder einmal erfahren, wie sie von der ÖVP überfahren wurde.

Haider: Das war ein unkluger Schachzug. Der Herr Verteidigungsminister wird die FPÖ bei der Heeresreform noch dringend brauchen. Mit solchen Alleingängen wird es allerdings schwierig.

Standard: Wie soll die FPÖ jetzt reagieren?

Haider: Sie hat bereits gut reagiert und die Heeresreform auf Eis gelegt.

Standard: Ihr Verhältnis zu Wolfgang Schüssel ist extrem gespannt. Sie haben ihm "Verrat" vorgeworfen. Er sagt, Sie seien wegen Knittelfeld selbst schuld am Platzen von Schwarz-Blau I.

Haider: Ich habe ihn nach der Wahl 2000, nachdem er politisch schon am Ende war, gerettet. Ich war fair, er hat 2002 die Gelegenheit genutzt, die FPÖ und mich in eine existenzielle Bedrohung zu bringen. Das war die böseste Aktion, die die ÖVP in ihrer Existenz gemacht hat. Unseren Freunden in der Regierung muss klar sein: Die ÖVP versucht, freiheitliche Wähler dauerhaft an sich zu binden. Das muss man verhindern.

Standard: Sie hätten damals ja die FPÖ wieder übernehmen bzw. als Vizekanzler in die Regierung gehen können.

Haider: Ich habe den Kärntnern 1999 versprochen, für sie volle fünf Jahre als Landeshauptmann da zu sein. Ich hab mich verantwortlich gefühlt für das, was ich mit Schüssel 2000 unterschrieben hab. Diese jetzige Koalition tangiert mich nicht mehr.

Standard: Sie könnten ja jetzt wieder das Ruder in der FPÖ übernehmen.

Haider: Die Frage stellt sich im Moment nicht, denn wir haben ein Team an der Spitze, das mein volles Vertrauen genießt. Ich unterstütze natürlich die FPÖ, solange es geht. Es ist ja auch mein Anliegen, dass sich ein Kind, das man großgezogen hat, nicht vorzeitig aus der Welt verabschiedet.

Standard: Sie sind jetzt 55 Jahre alt, davon 30 in der Politik. Was ist Ihre Bilanz?

Haider: Es ist unbestritten, dass das Aufbrechen des rot-schwarzen Proporzsystems das historische Verdienst meiner Tätigkeit als FPÖ-Chef ist. Wir haben auch mit dem rechtzeitigen Aufgreifen der Ausländerproblematik Österreich vor Zuständen bewahrt, wie sie in anderen europäischen Ländern gang und gäbe sind, wo es bis hin zu Mordanschlägen geht.

Standard: Mit Ihrem Schüren von Fremdenfeindlichkeit und Sozialneid haben Sie beigetragen, Österreich um ein gutes Stück kälter zu machen.

Haider: Es ist für die Platzhirsche und Schleppenträger des rot-schwarzen Systems kälter geworden. Für die kleinen Leute hat sich die Situation verbessert.

Standard: Elfriede Jelinek hat Sie einmal die "Verkörperung des Geistlosen" genannt.

Haider: Das ist die Arroganz selbst ernannter Intellektueller, die sich selbst als Elite bezeichnen. Die machen immer das Spiel - wir, das geistige Österreich, sind die Guten und die anderen die Bösen. Dass die Jelinek meine besondere Verachtung genießt, hat damit zu tun, dass ich einfach Menschen ablehne, die ein Land, das ihnen so gut tut und das so gut zu ihnen ist, im Ausland so schlecht machen.

Standard: Wie stehen Sie heute zu Ihren Aussagen über die ordentliche Beschäftigungspolitik im Dritten Reich oder die anständigen Mitgliedern der Waffen-SS?

Haider: Ich habe mir nichts vorzuwerfen. Ich habe zu keiner Phase meiner Entwicklung eine Sympathie für den Nationalsozialismus zum Ausdruck gebracht. Aber man lebt ein Leben lang, um jeden Tag klüger zu werden.

Standard: Was bedeutet Auschwitz für Sie?

Haider: Es ist ein Symbol für ein menschenverachtendes System, das auf das deutsche Volk eine massive Schuld geladen hat. Aber es wäre gut, sich bewusst zu sein, was instabile Verhältnisse, was Arbeitslosigkeit, soziale Verwüstung in einer Gesellschaft für Reaktionen bewirken - und man dann Zuflucht zu einer Diktatur nimmt.

Standard: Wer ist für Sie der größte Österreicher?

Haider: Das ist der Erzherzog Johann. Der war auch am Wiener Hof unbeliebt.

Standard: Und der niederträchtigste?

Haider: Da gibt's ein paar. Von Adolf Hitler bis was weiß ich . . .

(DER STANDARD, Printausgabe, 31.1.2005)