Die Neugier gehört zur journalistischen Jobbeschreibung. Und wohl auch jene Portion Zynismus, die es erst ermöglicht, aus einem "Vorfall" eine "Geschichte" und aus dieser eine "Story" zu machen. Zuweilen aber klumpen sich diese beiden Berufsqualitäten - ja: Qualitäten - zu einer Zudringlichkeit, die nicht nur lästig ist, sondern den davon Bedrängten das Gefühl des plötzlichen Ausgesetzt-Seins geben. Und vielleicht sogar geben wollen, denn das ist ja auch eine Art von "Story".

Peter Wagner, der Schriftsteller, der sich in den dramaturgischen Dienst der Roma-Wochen Oberwart - eine Gedenkveranstaltungs-Serie, die noch bis 5. Feber dauert - gestellt hat, nennt das "Wegelagerer-Journalismus". Da ist was dran. Auch wenn jeder Journalist auch ohne böse Absicht in die Situation solchen Wegelagerns kommen kann und wohl auch schon gekommen ist, kann man sich aus dieser Verantwortung nicht herausschleichen. Das Gedenken an die vier Bombenopfer von vor zehn Jahren ist Anlass genug zu reflektieren, wieweit der Zweck, eine "Bombengeschichte" zu kriegen, die Mittel heiligt.

In Oberwart erzählt man sich von der Journaille wahrhaft Erstaunliches: Vom geforderten Zugriffsrecht auf Familienalben bis hin zum Ansinnen, das Attentat nachzustellen. Der von einem Oberwarter Rom formulierte Wunsch, endlich in Ruhe gelassen zu werden, wird sich nicht erfüllen lassen. Zu tief sitzt noch der Schock über Österreichs ersten rassistisch motivierten Mord seit 1945. Was sich aber schon fordern lässt - nicht nur von den Journalisten -, ist ein bisschen Respekt und Aufmerksamkeit. Respekt vor der neu erwachten kulturellen Identität, Aufmerksamkeit für die Selbstpräsentation der Roma als eine Volksgruppe, die das Österreichische an Österreich - Gegenstand des hereinbrechenden "Gedankenjahres" - mit ausmacht. (DER STANDARD, Printausgabe, 31.1.2005)