Kanzler Wolfgang Schüssel lobt in seiner ersten und letzten Rede vor dem Konvent dessen Leiter Franz Fiedler.

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Nach 19 Monaten Beratung endete der Österreich-Konvent am Freitag ohne Einigung auf einen Verfassungstext. Der Entwurf von Konvents-Präsident Franz Fiedler bleibt ebenso umstritten wie die weitere Vorgehensweise mit den (bescheidenen) Ergebnissen.

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Wien - Der Bundeskanzler stand schon bereit. Als das rote Lämpchen am Rednerpult vor SP-Verfassungssprecher Peter Wittmann mittels unaufhörlichen Blinkens das Ende seiner Redezeit im Plenum des Verfassungskonvents signalisierte, erhob sich Wolfgang Schüssel bereits von seinem Stuhl in der letzten Reihe, trat einige Schritte an das an diesem Tag ob der Liveübertragung im Fernsehen besonders begehrte Pult heran - und - wurde von der Klubobfrau der Niederösterreichischen Grünen, Madeleine Petrovic, von links außen scharf überholt.

Was Schüssel nicht wusste: Konventspräsident Franz Fiedler hatte am Freitag, kurz vor Debattenbeginn im Historischen Sitzungssaal des Parlaments, die Rednerliste noch einmal überarbeitet. Damit nicht eine Partei vorteilhafter über den Bildschirm flimmert, als die andere. Also musste sich Schüssel gedulden, ehe er sich persönlich an die lieben Österreicher wenden konnte.

Die sollten bei Schüssels erstmaligen Erscheinen zum Abschluss des Konvents vernehmen, dass er, als "Vertreter der bösen Zentralisten dieser Republik" den Ländern bei der bis zuletzt strittigen Kompetenzverteilung das Angebot mache: "Reden wir offen. Ich bin bereit, loszulassen."

Für Fiedlers "Verantwortung", die wohl auch ein "schwarzer Peter" gewesen sei, fand Schüssel lobende Worte. Anders die SPÖ-Vertreter: Sie lehnen weitere parlamentarische Verhandlungen auf Basis des Fiedler'schen Verfassungsentwurfes ab. Salzburgs Landeshauptfrau Gabi Burgstaller sprach von einer "privaten Meinung" Fiedlers, für die Zweite Nationalratspräsidentin, Barbara Prammer, wird dadurch die "Breite der Analyse" geschmälert. Deren Umfang ist jedoch beachtlich: 1128 Seiten stark präsentiert sich der Endbericht aus 19 Monaten Konventstätigkeit. Die Konsensmasse ist aber gering (s. Grafik). Strittig bleibt selbst der Präambel-Text, in dem Nationalratspräsident Andreas Khol (ÖVP) noch immer die "Verantwortung für Südtirol" und den "Rückbezug auf Gott" vermisst. Dabei hatte der Ökumenische Rat am Freitag noch eine Formulierung präsentiert, in der "wir, die Bürgerinnen und Bürger Österreichs, (. . .) uns (. . .) in Erkenntnis der Grenzen menschlicher Macht und der Freiheit des Gewissens, in Verantwortung vor Gott, vor den Menschen und vor der Schöpfung (. . .) diese Bundesverfassung" geben. Strittig bleibt selbst, in welchem Parlamentsausschuss über die künftige Verfassung weitergestritten werden soll. (DER STANDARD, Printausgabe, 29./30.1.2005)