Foto: STANDARD/Corn
Die Medien haben Gunnar Prokop seine Offenheit schlecht gelohnt. Überraschung ist das keine - so wie in Österreich schon immer mit Revoluzzern umgegangen wurde, hat das Tradition! Und jetzt natürlich stellt das ganze Land die politische Gretchenfrage, der Eva Deissen, Kolumnistin der U-Bahn-Gratiszeitung "Heute", folgende äußere Form verliehen hat: Wie lebt es sich eigentlich unter einem Dach mit solch einem Geistesriesen, Frau Ministerin?

Bohrender war da schon die Frage, die Conny Bischofberger auf den Seiten 4 und 5 der "Kronen Zeitung" an den Missverstandenen richtete - Sind Sie ein Frauenfeind? -, obwohl die Leser die erlösende Antwort schon auf Seite 1 vorfanden: Prokop: Bin kein Frauenhasser! Nach Arnold Schwarzenegger erhielt auch er Gelegenheit, im Kleinformat seine Unschuld vorzuführen, konnte doch die Äußerung im Falter, die Frauen gehören in die Kuchl, sollen Kinder erziehen und aus, nur aufgrund journalistischer Tücke frauenfeindlich ausgelegt werden.

Schon sein Einleitungssatz im Falter "Ich bin da ein Revoluzzer" hätte verantwortungsbewussten Schreibern zu denken geben sollen, aber nein, gleich wurden ihm daraus in allen möglichen Medien Stricke gedreht. Teilstücke von Sätzen, die wild aus dem Zusammenhang gerissen worden sind! Die zwei Burschen, ein Redakteur und ein Fotograf, haben mich zwei Stunden lang über Sport befragt. Da sind wir halt ins Reden gekommen. . . Dass sie mir dann einen Strick draus drehen, das konnte ich nicht ahnen.

Umgekehrt konnten die zwei Burschen vorher nicht ahnen, was ein Revoluzzer so von sich gibt, wenn sie ihn zwei Stunden lang über Sport befragen und er halt ins Reden kommt. Es ist diese Ballung an Ahnungslosigkeit, die Eva Deissen die Ministerin nach dem Zusammenleben mit solch einem Geistesriesen fragen ließ: Aber ehrlich gesagt, hab ich gar nicht gewusst, was der "Falter" ist. Ich habe einen Sportjournalisten gefragt, ob er den "Falter" kennt. Er hat gemeint, das sei eine Familienzeitung. Glückliches Niederösterreich! So knapp wurde der "Falter" noch nie mit der "Krone" verwechselt, dagegen sollte man etwas tun. Vielleicht Gratisabos an Sportjournalisten?

Die Frau des Geistesriesen reagierte von Zeitung zu Zeitung leicht verschieden auf ihren Revoluzzer. Die Grazer "Kleine Zeitung" meldete: Innenministerin Liese Prokop reagiert gelassen auf die markigen Sprüche ihres Ehemannes und Ex-Trainers. Die im selben Konzern erscheinende "Presse" hingegen: Peinlich berührt zeigte sich am Dienstag das Büro von Innenministerin Liese Prokop. Die Innenministerin ließ dazu über ihren Sprecher ausrichten, ihr Ehepartner sei als "streitbarer Mann bekannt". Seine Meinung sei in diesem Fall nicht ihre Meinung.

Eine ultimative Lösung bei Problempaarungen wie Ministerin - Geistesriese bot "Die Presse" auf Seite 1 an. Die Moral aus der Geschicht? Wer ein hohes politisches Amt anstrebt, sollte einen schweigsamen Gespons wählen oder vielleicht überhaupt Single bleiben. Ein einfacherer Vorschlag, allgemeiner Natur und daher hilfreich nicht nur für die politische Klasse, wäre vielleicht: Net deppert reden! Aber die Einführung des Zölibats in der Politik würde Prokops Ruf als Revoluzzer rechtfertigen.

Nur "NEWS" nahm Eva Deissens Frage an die Ministerin wörtlich, wie es sich mit solch einem Geistesriesen unter einem Dach lebe. Und weil ein Bild mehr als tausend Worte sagt, drei Bilder daher mehr als dreitausend Worte, gab es drei Fotos, auf denen Gunnar und Liese traut nebeneinander in ihrer Kuchl stehen und in jeweils leicht abgewandelter Handhaltung Marillen kosen: Küchenleben. Gunnar und Liese Prokop am heimatlichen Herd beim gemeinsamen Versuch über Marillenknödel.

Der optische Versuch über Marillenknödel war untermalt mit der radikal aufklärerischen Frage: Herr Prokop, wie sind Ihre Zitate eigentlich zu interpretieren? Herr Prokop interpretierte sie einmal grundsätzlich: Ich bin das Opfer einer linken Aktion. War aber auch Zeit, dass das endlich einmal gesagt wurde. Diese Journalisten haben mich im Anschluss an eine Handball-Pressekonferenz ausgefragt. Da is eigentlich fast nur um Sport gegangen. Genau genommen war es so: Man hat aus einem Gespräch drei Sätze herausgenommen und aus dem Zusammenhang gerissen. Darunter den mit den Ausländern, die auch hier leben sollen, weil doch kein Österreicher mehr in eine verstopfte Scheißhausschüssel greift.

Jetzt Prokop nicht unterstellen, die Ausländern gehörten zur Schüssel wie die Frauen in die Kuchl! Das wäre gemein, und missverstanden ist er genug. Er meint vielmehr: Also grundsätzlich ist ein Ausländer kein schlechter Mensch. Wir brauchen ja auch qualifizierte Leute; Krankenschwestern und so. (Stöhnt.) (Und kommt endlich zum Punkt.) Ach, ich hasse diese Journalistik.

Das befreiende Wort eines wahren Revoluzzers. Und was muss er sich dafür von seiner Frau anhören? Ich hab ihm auch schon ganz klar gesagt, was ich von seinen kecken Sprüchen halte. (DER STANDARD; Printausgabe, 29./30.1.2005)