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Das Archivbild vom März 2004 zeigt die Behandlung von Sha Cailing im chinesischen Dorf Gao Ming. Sie gehört zu den 109 dort lebenden, längst Geheilten, die wegen immer neuer Entzündungen behandelt werden müssen.

Foto: APA/EPA/Michael Reynolds
Peramiho/Tansania - Ein Paar leichter Turnschuhe ist der große Wunsch von Regina Haule. Die etwa 50-Jährige braucht allerdings Schuhe, die sie nicht binden muss - die Tansanierin hat all ihre Finger an die Lepra verloren. Auch Zehen hat Regina nicht mehr, ebenso wenig wie ein Gefühl in den Füßen, so dass sie Verletzungen oft erst dann bemerkt, wenn sich die Wunden schon entzündet haben. Biegsame Stoffschuhe mit schützender Gummisohle wären ideal, meint Regina. Leisten kann sie sich diese aber nicht.

Die schon seit biblischen Zeiten bekannte Lepra ist zwar weltweit rückläufig, noch immer aber gibt es rund eine halbe Million neue Fälle pro Jahr. Vor allem in Elendsvierteln in Entwicklungsländern, unter unzureichenden hygienischen Zuständen, ist die Haut- und Nervenkrankheit weit verbreitet. Am stärksten betroffen sind Indien und Brasilien, aber auch in zahlreichen anderen Ländern werden immer wieder neue Patienten entdeckt.

Ausgeschaltete Nerven

In der Lepra-Station Morogoro in Peramiho in Tansania, wo auch Regina Haule Hilfe gefunden hat, sind im vergangenen Jahr nur wenige neue Patienten aufgenommen worden. Viele längst Geheilte aber müssen wegen immer neuer Entzündungen behandelt werden, weil die Lepra auch die Nerven angreift und schließlich ausschalten kann. Die ehemaligen Patienten spüren oft nicht, wenn sie sich verletzen - es kommt zu Infektionen, die sich immer weiter ins Gewebe fressen. So hat auch Regina nach und nach ihre Finger und Zehen verloren.

Lepra kann geheilt werden

Wenn die Krankheit rechtzeitig erkannt wird, ist sie mittlerweile in der Regel mit Antibiotika vollständig heilbar, und auch die Nervenschäden bleiben aus. Als Regina vor Jahrzehnten erkrankte, seien die Medikamente allerdings noch nicht so weit entwickelt gewesen, erklärt die deutsche Benediktinerschwester Frohmunda, die seit 36 Jahren den Lepra-Patienten in Morogoro zur Seite steht. Trotz der neuen Therapiemöglichkeiten bleibt aber auch heute das frühzeitige Erkennen und Behandeln der Lepra ausschlaggebend, um dauerhafte Behinderungen zu vermeiden. Besiegt ist die Krankheit noch längst nicht.

Soziale Folgen

Eine Herausforderung für Politik und Gesellschaft bleiben auch weiter die sozialen Folgen der Lepra. Schätzungsweise zwei bis vier Millionen Menschen sind nach einer Lepra-Erkrankung behindert. Viele von ihnen sind auf Hilfe angewiesen: Oft können sie nicht selbst für ihren Lebensunterhalt sorgen, zudem werden sie nicht selten noch immer als Aussätzige sozial ausgegrenzt. "Die Leute müssen sich entweder auf ihre Angehörigen verlassen", sagt Schwester Frohmunda, "oder sie kommen zu uns." Dutzende bitten bei ihr in Morogoro um Unterstützung. Auch Regina Haule kommt dank einer monatlichen Lebensmittelration über die Runden. Und die Schuhe bleiben weiter ein unerfüllter Traum.

Hintergrund

Lepra ist eine von Bakterien ausgelöste Krankheit, deren Erreger die Haut und das Nervensystem befällt. Die Übertragungswege sind noch immer nicht genau bekannt. Es wird Tröpfcheninfektion angenommen, aber auch eine Ansteckung über Hautkontakt wird nicht ausgeschlossen. Klar ersichtlich ist jedoch, dass armutsbedingte Lebensumstände eine Infektion begünstigen.

Im Jahr 2003 hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) weltweit rund 513.000 Lepra-Patienten registriert, davon knapp zwei Drittel (367.000) in Indien, 49.000 in Brasilien und 42.000 in Afrika. Vor vier Jahren wurden noch mehr als 760.000 Lepra-Kranke gezählt.

Symptome

Lepra äußert sich vor allem durch Gefühllosigkeit an einzelnen Hautstellen, aber auch beispielsweise die Augennerven können betroffen sein. Bei rechtzeitiger Diagnose ist die Krankheit vollständig und ohne dauerhafte Schäden heilbar. Wird nicht frühzeitig genug behandelt, kommt es jedoch fast zwangsläufig zu Entzündungen, Lähmungen und Behinderungen.

Die Geschwüre und Verstümmelungen, die man häufig bei Lepra-Kranken sieht, werden selten direkt von dem Bakterium selbst hervorgerufen, sondern entstehen vor allem durch Verletzungen, die wegen der geschädigten Nerven nicht als Schmerz empfunden und daher nicht beachtet und nicht versorgt werden. Wegen zu später Behandlung leiden weltweit schätzungsweise zwei bis vier Millionen Menschen an leprabedingten Behinderungen.

Therapie

Nicht jede Form der Lepra ist ansteckend, und ein Großteil der Menschen besitzt eine natürliche Immunität gegen die Krankheit. Seit 1982 gibt es eine wirksame Medikamententherapie, mit der Lepra innerhalb von sechs Monaten bis einem Jahr heilbar ist.

Das Lepra-Bakterium wurde 1873 von dem Norweger Gerhard Armauer Hansen entdeckt. Bis heute ist es jedoch nicht gelungen, den Erreger auf Kulturböden zu züchten. Daher gibt es noch immer keinen Impfstoff gegen die Krankheit. (APA/AP)