Wien - "Es geht schlicht und einfach ums Überleben und nicht mehr um den stärksten Wirtschaftsraum der Welt", sagt Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl. Deutlich wie kaum ein anderer vor ihm, sagt Leitl damit, dass für ihn der so genannte Lissabon-Prozess gestorben ist bzw. alles unternommen werden müsste, um ihn zu reanimieren.

Bis 2010 wollte die EU die anderen Global Player in der Weltwirtschaft "outperformen", schneller wachsen, mehr Jobs schaffen, mehr Innovationen zustande bringen. Zur Halbzeit ist das Gegenteil der Fall: Die EU fällt gemessen am Wirtschaftswachstum weiter hinter die USA und Asien zurück; der einstige Abstand ist sogar größer geworden.

Wachstum über alles

Leitl, der in der neuen EU-Kommission einen Hoffnungsträger sieht, begrüßt daher, dass nun auf EU-Ebene dem Ziel nach mehr Wirtschaftswachstum alles andere untergeordnet werden soll. Ob das nicht zwangsläufig auf einen Abbau bisheriger Sozial-und Umweltstandards in Europa hinausläuft? Darauf lässt sich der Präsident nicht ein. Viel lieber redet er über nötige Ausgabensteigerungen in der Forschung, in der Bildung, im lebenslangen Lernen. Selbst bei den stets so erfolgreichen Berufsolympiaden "kassieren in den neuen Berufen die Asiaten die Medaillen", so Leitl.

EU-Masterplan Auch vor dem EU-Parlament plädierte Leitl am Donnerstag in seiner Funktion als Präsident der europäischen Wirtschaftskammern, für mehr Wachstum. Leitl: "Wir brauchen einen Masterplan für Europa."

An anderer Stelle meint das Mitglied des ÖVP-Bundesparteivorstandes, vermutlich unter Eindruck des aus wirtschaftlicher Sicht ergebnislosen Österreich-Konvents: "Brüssel ist unsere Lebensversicherungspolizze." (DER STANDARD Printausgabe 28.01.2004)