Paris - Zunächst einmal legte der grüne Vize-Bürgermeister der französischen Metropole die Axt an: 75 Bäume ließ Denis Baupin in einer Nacht- und Nebelaktion abhacken, um Platz für die neue Straßenbahn im Süden von Paris zu schaffen. Doch das war nicht das einzige Ärgernis, seit die Pariser Stadtregierung vor vier Jahren beschloss, der legendären Metro erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg mit einer Straßenbahn-Linie Konkurrenz zu machen. Zehntausende Autofahrer reagieren genervt auf die acht Kilometer lange Baustelle, durch die in der Rush-Hour die Blechlawinen noch weiter anschwellen. Aber jetzt ist eine Werbekampagne angelaufen, damit die Stimmung kippt. Zur Verlegung der ersten Schiene am Donnerstag wurde den Parisern verkündet: "2006 - sie kommt! Die Straßenbahn."

Konsequente Bevorzugung von Bussen und Bahnen - "zivilisierte Räume"

"Die Entwicklung der Stadt wird nicht dadurch gefördert, dass wir noch mehr Autos hineinstopfen", sagt das sozialistische Stadtoberhaupt Bertrand Delanoe, dessen rot-grüne Koalition mit einer konsequenten Bevorzugung von Bussen und Bahnen "zivilisierte Räume" schaffen will. Gut 300 Millionen Euro werden in die kleine Verkehrsrevolution der Tram investiert. Die Linie 1 soll an der Garigliano-Brücke starten, rund vier Kilometer südlich vom Eiffelturm, und beschreibt einen 7,9-Kilometer-Bogen durch die südlichen Stadtbezirke. Das Design der 21 Züge, mit denen täglich 100.000 Fahrgäste transportiert werden sollen, steht schon fest - die Pariser Verkehrsbetriebe RATP entschieden sich für ihr Markenzeichen, eine Kombination aus Jadegrün und Weiß.

Keine Konkurrenz zur Metro

Die weitgehend im Untergrund verkehrende Métro, deren 1. Linie im Juli 1900 den Betrieb aufnahm, muss die Konkurrenz aber vorerst kaum zu fürchten. Auf ihren 14 Linien sind täglich rund fünf Millionen Fahrgäste unterwegs. Doch Delanoe möchte der Tram möglichst schnell weiteren Raum verschaffen: Ihm schwebt ein "Straßenbahnring rund um Paris" vor. So könnten neue Verbindungen zwischen den 2,3 Millionen Bewohnern der eigentlichen Stadt und den neun Millionen Menschen in den Trabantenstädten entstehen. Erst stemmten sich einige, vor allem von konservativen Bürgermeistern regierte Vorstädte gegen diese Planungen. Doch inzwischen herrscht Konsens, die Finanzierung wird von Stadt und Region gemeinsam getragen.

Die Vorreiter des Verkehrsmittels Straßenbahn sitzen allerdings nicht in der Metropole, sondern in der französischen Provinz. Ähnlich wie etliche deutsche Städte bauten Nancy und Straßburg, Montpellier und Grenoble Straßenbahnnetze auf. In Bordeaux wurde vor einem Jahr sogar eine Straßenbahn in Betrieb genommen, die ohne Oberleitungen auskommt. Im Gegensatz zu den Provinzstädten setzt Paris aber nicht darauf, die Straßenbahnen direkt durchs historische Zentrum und an den bekanntesten Bauwerken vorbeirollen zu lassen: Die Linie 1 ist eher etwas für Berufspendler als für Sightseeing. Nach der Fertigstellung im kommenden Jahr soll sie sich zudem zu einer Art grünen Lunge entwickeln. Denn wo anfangs 75 Bäume gefällt wurden, sollen am Ende tausend neue wachsen. (APA)