Genf - Im Schweizer Spitzenfußball ist erneut ein Traditionsklub am Ende: Der FC Servette Genf, seit seiner Gründung vor 115 Jahren ununterbrochen in der höchsten Liga und 17 Mal Meister, musste am Freitag seine Bilanz deponieren. Falls nicht sehr bald ein Investor auftaucht, scheidet der Verein aus der Super League aus.

Klubbesitzer Marc Roger, ein Spielervermittler aus Frankreich, hatte den Verein mit überrissenen Transfers in Schieflage gebracht. 21 neue Spieler holte der Franzose für die laufende Saison, darunter Christian Karembeu aus dem französischen WM-Team von 1998. Doch der erhoffte Erfolg stellte sich nicht ein. Die zusammengekaufte Truppe war nach der Vorrunde nur Achter der Liga, im UEFA-Pokal schied sie in der ersten Runde aus. Nur zweimal kamen mehr als 10.000 Fans in das schöne neue Stade de Genève mit seinen 30.000 Plätzen, das die Stadt Genf nicht nur für ihren Renommierverein, sondern auch im Hinblick auf die Euro 2008 hatte errichten lassen.

In den letzten Spielen blieb gar die elektronische Anzeigetafel schwarz. Die Stadtwerke sperrten den Strom, weil Servette die Rechnungen nicht mehr bezahlt hatte.

Umgerechnet zehn Millionen Euro fehlten am Schluss in der Vereinskasse, um nur die Spielzeit zu beenden und die seit Monaten ausstehenden Löhne für Spieler, Trainer und Personal nachzuzahlen. Der Schweizer Fußball-Landschaft droht ein großer Verlust. Die "Grenats", wie sie wegen ihrer granatroten Dressen genannt wurden, pflegten stets den eleganten Offensiv-Fußball französischer Prägung. Doch es ist nicht der erste solche Fall: Auch Lausanne-Sports, Lugano und Sion mussten in den letzten Jahren nach abenteuerlichen Investitionen ihrer Klubbesitzer den Rückzug aus dem Spitzenfußball antreten.

Sparpaket der Grasshoppers

Und gerade am Donnerstag kündigte der ebenfalls in der Krise steckende Rekordmeister Grasshoppers Zürich, derzeit nur auf Rang sieben, eine neue Sparrunde an. Die Ausgaben werden mitten in der Saison um weitere 20 Prozent gekürzt, der Sportchef wird entlassen und nicht ersetzt. Noch 2002/03 hatten die Grasshoppers 20 Millionen Euro zur Verfügung, heuer sind es rund sieben Millionen.

Doch von einer allgemeinen Krise im Schweizer Fußball soll nicht die Rede sein. "Servette hat mit der zu großen Kelle angerichtet und den Erfolg erkaufen wollen. Die meisten Schweizer Vereine budgetieren vorsichtiger", sagt der Vorsitzende der Swiss Football League, Peter Stadelmann, auf Anfrage des STANDARD. Dass die Schweiz dabei international nicht mehr mithalten könne, sei die Kehrseite - Rang 51 in der FIFA-Rangliste, nur noch ein Verein, der FC Basel, im UEFA-Pokal, das sei in der Tat keine stolze Bilanz, meint Stadelmann. "Wir müssen mit weniger Geld auskommen, weil wir einfach nicht dieses Zuschauerpotenzial haben wie im Ausland. Und im Vergleich zu Österreich erhalten die Vereine viel weniger aus den TV-Rechten."

Es gibt Hoffnung

Freilich gibt es auch Lichtblicke. Der Schweizer Nachwuchs war U-17-Europameister, viele junge Spieler sind daran, sich im Ausland durchzusetzen. Senderos bei Arsenal, Ziegler bei Tottenham oder Vonlanthen bei Eindhoven tragen die Hoffnungen. Auch für 2008. (Klaus Bonanomi - DER STANDARD PRINTAUSGABE 22./23.1. 2005)