Wenn es im geregelten Ablauf der Angelobungs- und Initiationsriten zu Beginn der Ära Bush II jemanden gibt, der sich beharrlich als Störenfried präsentiert, dann ist es die kalifornische Senatorin Barbara Boxer. Vor zwei Wochen bereitete sie dem Präsidenten Scherereien, als sie die Bestätigung der Wahl von Bush im Kongress beeinspruchte: Beim Urnengang in Ohio sei es zu Unregelmäßigkeiten gekommen. Jetzt war es Neoaußenministerin Condoleezza Rice, die sich von Boxer peinlich zum Irakkrieg befragen lassen musste.

Boxer mag auf diese Art vor ihrer eigenen demokratischen Wählerschaft durchaus an Profil gewinnen. Bei der Konstituierung der neuen US-Regierung haben Protestaktionen wie die ihre allenfalls kurzfristig aufschiebenden Charakter. Ansonsten fährt die Regierungsbildung wie auf Schienen dahin.

Die Performance der neuen Außenministerin vor dem Senat war einmal mehr so, wie man es von Rice gewohnt ist: rhetorisch brillant, emotionsfrei, extracool. Außenpolitik on the rocks, wenn man so will. Ein paar Konturen dessen, was in den kommenden Jahren so ansteht, gab Rice preis. Die Charmeoffensive gegenüber den von Bush vergrätzten Europäern soll intensiviert werden - was auch damit zu tun haben dürfte, dass bei der Behebung des irakischen Scherbenhaufens jede helfende Hand gebraucht wird.

Die Gerüchte über einen möglichen Angriff auf den Iran hat Rice - vorläufig? - als Schimäre bezeichnet. Und zur "Achse des Bösen" sind jetzt noch die "Vorposten der Tyrannei" gekommen. Weißrussland, Nordkorea und die anderen Länder, die sich auf dieser Liste finden, werden gut daran tun, die Warnung ernst zu nehmen. Die Regierung Bush hat schon in ihrer ersten Zusammensetzung - als noch die "Taube" Colin Powell mitzureden hatte - bewiesen, dass sie bei der Verwirklichung ihrer außenpolitischen Vorhaben keinen Spaß versteht. (DER STANDARD, Printausgabe, 20.1.2005)