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Souvenir aus dem Irak: Obergefreiter Darren Larkin "behandelt" einen Gefangenen. Die Mitarbeiterin eines Labors, in dem Larkin die Fotos entwickeln ließ, verständigte die Polizei.

Foto: EPA/British Court Martial

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Die Titelseiten der britischen Zeitungen zeigen das Ausmaß der Empörung.

Foto: AP/Dave Caulkin
Ein Gefesselter liegt auf hartem Beton, sein Kopf steckt in einem Netz, auf dem Körper des Mannes steht ein Soldat, triumphierend wie ein Großwildjäger. Er hat nichts weiter am Leib als eine Unterhose, der Obergefreite Darren Larkin, und staubige Sandalen, mit denen er auf den wehrlosen Iraker tritt. Schuhsohlen auf der Haut eines Menschen: Für einen Muslim ist das eine tödliche Beleidigung.

Angesichts solcher Fotos rede die arabische Welt sicher sofort von einem britischen Abu Ghraib, fürchtet Menzies Campbell, der Vizevorsitzende der oppositionellen britischen Liberaldemokraten. Unvermeidlich, dass man nun Parallelen ziehe zwischen dem berüchtigten Gefängnis bei Bagdad, in dem amerikanische GIs grausam folterten, und dem Camp Bread Basket am Rande von Basra im Südirak: "Kein Zweifel, die Aufnahmen werden die alten Wunden neu aufreißen."

Blair unter Druck

Campbell brachte auf den Punkt, wie sich das politische London jetzt fühlt. "Schockierend, abstoßend, anders kann man diese Bilder nicht nennen", sagte Premierminister Tony Blair am Mittwoch mit ratloser Miene im Unterhaus. Der wegen seines bedingungslosen Irak-Engagements an der Seite der USA ohnedies heftig kritisierte Regierungschef dürfte jetzt noch mehr unter Druck kommen.

Vor einem britischen Militärgericht im deutschen Osnabrück haben sich derzeit drei Soldaten wegen der Misshandlung internierter Iraker zu verantworten: die Gefreiten Larkin (30) und Mark Cooley (23) sowie der Unteroffizier Daniel Kenyon (33). Die Aufnahmen, die ihre gequälten Opfer zeigen, waren am Mittwoch auf den Titelseiten sämtlicher britischer Zeitungen zu sehen - ein Skandal nimmt seinen Lauf.

Mai 2003: Das Royal Regiment of Fusiliers soll den so genannten "Brotkorb", das größte Lebensmittellager im Südirak, vor Plünderern schützen. Hart rannehmen solle man Diebe, die man erwische, befiehlt der Major, der die Operation "Ali Baba" anordnet. Einige seiner Männer fassen das offenbar als Freibrief auf, um ein Exempel zu statuieren. Zwei Iraker müssen sich ausziehen und Anal-und Oralsex simulieren - mit erhobenen Daumen, damit es so aussieht, als hätten sie bei alledem Spaß. Einer wird an die Gabel eines Gabelstaplers gefesselt. Aus Gaudi fotografieren sich die Übeltäter bei diesen widerlichen Szenen, genau wie es die Amerikaner in Abu Ghraib taten.

Alarm im Fotolabor

Die Sache flog auf, als einer der Füsiliere die Filme im Heimaturlaub entwickeln ließ. Die Technikerin eines Fotolabors alarmierte die Polizei. Nun kämpft die hoch gelobte Army gegen den Eindruck an, sie sei auch nicht besser als die "Cowboys" in US-Uniform, von denen sich die englischen "Gentlemen-Besatzer" gern abheben wollen.

Wie gründlich der Skandal den Ruf der britischen Armee - das Image einer Truppe gut ausgebildeter Profis - zu beschädigen droht, hat der Generalstabschef dieser Armee auf Anhieb erkannt. Kaum waren die beschämenden Bilder im Umlauf, trat Sir Mike Jackson in London ans Mikrofon. Jeder Fall von Misshandlung sei ohne Wenn und Aber zu verurteilen, betonte der hoch dekorierte General.

Zugleich bestand Jackson darauf, dass es sich um Einzelfälle handele. Seit Kriegsbeginn hätten 65.000 britische Soldaten nach dem Rotationsprinzip im Irak gedient, so Jackson. Von denen sei nur eine "kleine Anzahl" in solche Zwischenfälle verwickelt gewesen. (DER STANDARD, Printausgabe, 20.1.2005)