Im Mai 2003 wurden die Kompetenzen fröhlich zwischen den Ressorts hin- und hergeschoben. Mit der Konsequenz, dass für das internationale Katastrophenmanagement gar niemand mehr - oder gleich drei Ressorts zuständig waren. Ursprünglich war der Katastrophenschutz im Bundeskanzleramt angesiedelt, Teile davon wanderten aber ins Innenministerium. Dort sitzt seit knapp vor Weihnachten Liese Prokop als verantwortliche Ressortchefin, und zu Recht fragt man sich: Was macht sie eigentlich? Offenbar nichts. Ein Fernsehauftritt, in dem sie ihre tiefe Betroffenheit über die Flutkatastrophe äußerte, war ihr einziger sichtbarer Beitrag.

Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, der laut Bundesministerien ebenfalls für den Katastrophenschutz und dessen Koordinierung zuständig wäre, überließ die Angelegenheit aber lieber seiner Außenministerin Ursula Plassnik, die am wenigstens zuständig, dafür aber ordentlich überfordert war.

Die Einsetzung von Ernst Strasser als Koordinator des Wiederaufbaus war schließlich nicht viel mehr als ein PR-Gag, der es dem Bundeskanzler aber ermöglichte, in einem Nebensatz noch eine Spitze gegen seinen untreu gewordenen Gefolgsmann unterzubringen: So flocht Schüssel mit kaum verborgener Häme ein, dass Strasser immerhin noch sein Ministergehalt weiterbeziehe.

Die Regierung hat auf die Flutkatastrophe zu spät reagiert, und sie hat - zumindest in der Anfangsphase - schlecht reagiert. Das lag auch daran, dass für einen solchen Anlass kein entsprechender Notfallplan vorlag, dass keine entsprechenden Strukturen vorhanden waren, auf die man zurückgreifen konnte, und dass die Kompetenzen erstens wirr geregelt sind, zweitens aber nicht einmal eingehalten wurden. Was passiert ist, war Management by Chaos, forciert durch eine unklare Kompetenzlage, gut gepflegt durch bemühte, aber überforderte Personen. (DER STANDARD; Printausgabe, 12.1.2005)