Inmitten des global kompatiblen TV-Feiertagsprogramms, zwischen Chinesen im Wilden Westen und Menschen in affigen Welten, wirkte Erich Langjahrs "Sennen-Ballade" wie ein elementares Stück Kino. Der Dokumentarfilm am Sonntagabend auf 3sat rückte den Blick auf den Arbeitsalltag einer Schweizer Sennenfamilie und zeigte damit das Eigene als das (beinahe schon) Fremde.

Man sieht - fast ohne Dialoge und mit der Ausdauer, die zum Verstehen nötig ist - nicht nur, wie Käse hergestellt wird; oder wie viel Zuwendung das Vieh auf den Bergen erfährt. Man wird Zeuge einer Lebenspraxis, über die sich auch Identität konstituiert: von Produktion, Reproduktion und Brauchtum, das die Lebensweise der Sennen spiegelt. Zum 150. Geburtstag der modernen Schweiz gedreht, könnte man "Sennen-Ballade" als konservatives Modell missverstehen.

Doch Langjahr zeigt wertfrei auf, was im Zuge der Liberalisierung des Marktes zu verschwinden droht. "Bauernkrieg", der zweite Teil seiner Trilogie (am 9. 1. auf 3sat), verhandelt bereits Umbrüche in der Schweizer Agrarwirtschaft, während sich in "Hirtenreise" (in Kürze im Stadtkino) traditionelles und modernes Leben überkreuzen. (kam/DER STANDARD, Printausgabe, 3.1.2005)