Immer wieder öffnet Elizabeth T. Spira

einen neuen Käfig in ihrem Menschen-zur-Schau-stellen-Zoo Alltagsgeschichte. Dabei wundert man sich meist, dass sie hier noch nicht war - das nun geöffnete "Tätowiert"-Gehege (29. 12., 21.00, ORF 2) ist so ein Ort.

Foto:ORF/Martin Petritsch

Natürlich interessieren sie dort nicht

so sehr die zahmen Tiere, die ein oder zwei Tattoos am Körper tragen. Wilde Hunde mit einem Herz auf der Wange oder einem Bild der Mutter auf der rechten Brust müssen es sein. Schräge Vögel, die mit 16 heimlich zum Tätowierer gegangen sind und davon träumen, einmal alt und grau auf der Veranda zu sitzen, keinen weißen Fleck mehr auf ihrer Haut zu haben und bunt zu sein.

Foto:ORF/Martin Petritsch

Die sich daraus ergebende Schlussfolgerung

"tätowiert ist anders, ist schräg, vielleicht sogar sehr seltsam, manchmal auch kriminell" liegt nach dem Rundgang im Alltagsgeschichten-Zoo nahe, ist aber falsch.

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Das Anderssein ist eben interessanter

- letztlich wahrscheinlich vor allem für die Besucher des Zoos, die immer wieder kommen und sich am Schauspiel im Bestiarium zumindest so erfreuen, dass der Kartenverkauf (=Einschaltquoten) stimmt.

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Problematisch wird es spätestens dann,

wenn das Anderssein nur an der Oberfläche hinterfragt wird und ein Vogel zur Schau gestellt wird, der Hitler-Devotionalien sammelt und eine unbefriedigende Erklärung für sein Tun abgibt. Der lacht, weil er seine Anlage so hinstellt, dass jeder auf der Straße Hitler-Reden hört - und leider keine passende Antwort bekommt. Ein journalistisches Stilmittel? Hier im Bild: Elizabeth T. Spira (pi/DER STANDARD; Printausgabe, 30.12.2004)

Foto: STANDARD/Semotan