Port Blair - Unzählige Touristen aus Indien und dem Ausland haben sich am Flughafen des abgelegenen Inselparadieses der Andamanen und Nicobaren versammelt. Doch statt entspannter Urlaubsstimmung auf dem zu Indien gehörenden Archipel rund 600 Kilometer vor der Küste Myanmars herrschen zwei Tage nach der Flutkatastrophe Verzweiflung und Aggressivität am Flughafen der Hauptstadt Port Blair. Hotels geschlossen, aber zu wenige Flüge Menschen schreien und drängeln, um so schnell wie möglich einen der raren Plätze in den Flugzeugen zu bekommen. "Täglich verlassen fast tausend Touristen die Insel", sagt Polizeichef Vasudeva Rao. Die etwa neun Flüge pro Tag reichten aber einfach nicht aus. Die wie fast alle Gebäude weitgehend zerstörten oder schwer beschädigten Hotels haben mittlerweile geschlossen und die letzten Gäste vor die Tür gesetzt. In dem heißfeuchten Klima fehlt es den Überlebenden der Katastrophe vor allem an Trinkwasser. "Es gibt kein Wasser, keinen Strom und kein Essen", klagt Manish Shah, der Manager des Port Blair Sinclair Hotels. Den verbliebenen Gästen werde Meerwasser zum Waschen angeboten. Zum Trinken könnten die Urlauber ja Mineralwasser kaufen - "wenn sie welches finden", regt der Hotelangestellte D.P. Singh an. Die britische Urlauberin Lucy Henderson will nur noch nach Hause. Mit ihrem Mann wollte sie auf den Andamanen und Nicobaren den ersten Hochzeitstag im Angesicht des smaragdgrünen Ozeans verbringen. "Aber dann wurde die See schwarz und stieg immer höher, und wir entschieden uns zu rennen", beschreibt Henderson den Horror der ersten Minuten. "Oh Gott, wir sind gerannt wie noch nie, aber das Wasser holte uns ein. Es ist ein Wunder, dass wir heute leben."

"Hier ist die Hölle"

Nun wollen die Hendersons nur noch weg: "Hier ist die Hölle". Ein anderer Tourist, Simon, verdankt sein Leben nach eigenem Bekunden dem sehr späten Frühstück am Sonntag - normalerweise wäre er schon beim Schnorcheln gewesen, als die Katastrophe kam. Jetzt aber steckt er am Flughafen fest: "Die Flüge sind ausgebucht, die Hotels werfen uns raus." Mindestens 4.000 Tote sind auf der 800 Kilometer langen Inselgruppe mit 572 Eilanden inzwischen bestätigt. Ein anonymer Beamter der Küstenwache ist sich sicher, dass die endgültige Zahl "viel höher" liegen wird. Vermisst werden noch 30.000 weitere Menschen. Allein auf der entlegenen Insel Chowra starben laut Küstenwache zwei Drittel der etwa 1.500 Einwohner. Vor dem Unglück lebten auf den Inseln insgesamt 45.000 Einwohner. (APA/red)