Berlin - Der Streit in der Union über die Führungsqualitäten von CDU-Chefin Angela Merkel ist auch einen Tag nach dem Rücktritt von Generalsekretär Laurenz Meyer nicht ausgestanden. Die "Berliner Zeitung" berichtet unter Berufung auf CDU-Kreise, dass das Verhältnis zwischen Merkel und dem nordrhein- westfälischen Spitzenkandidat Jürgen Rüttgers zerrüttet sei, weil Merkel den der RWE-Gehaltsaffäre belasteten Meyer zu lange im Amt gehalten habe. Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus schloss sich dieser Kritik nicht an.

Rüttgers, der bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen den Machtwechsel herbeiführen will, habe "mit aller Macht" auf den frühzeitigen Rückzug Meyers gedrängt, hieß es. Merkels Langmut mit Meyer habe "in weiten Teilen der Partei große Unzufriedenheit" ausgelöst.

"Massiver Fehler"

Der Parteienforscher und frühere Leiter der Planungsgruppe in der CDU-Zentrale, Warnfried Dettling, sagte im Westdeutschen Rundfunk, Merkel habe einen "massiven Fehler" gemacht, weil Meyer nicht zu halten gewesen sei. Sie habe die Stimmung in Partei und Öffentlichkeit "sehr falsch" eingeschätzt. Eine solche Führungsschwäche dürfe eine Parteivorsitzenden nicht unterlaufen.

Althaus sagte dagegen im ZDF-Morgenmagazin, er glaube nicht, dass die Sozialdemokraten aus der Affäre um Meyer bei den Landtagswahlen im Februar in Schleswig-Holstein und im Mai in Nordrhein-Westfalen Kapital auf Kosten der CDU schlagen könnten. Im Deutschlandfunk räumte er ein, dass durch die öffentliche Diskussion moralischer Schaden angerichtet worden sei und dass es in Meyers Landesverband NRW "erhebliche Diskussionen" gegeben habe. Merkel habe aber "am Ende immer richtig entschieden".

Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Wolfgang Bosbach, begrüßte den Rücktritt Meyers. Im Bayerischen Rundfunk sagte er, damit habe Meyer der Partei eine "möglicherweise lange und quälende Debatte erspart". Im ZDF fügte er hinzu, er glaube nicht, dass Merkel durch die Affäre beschädigt worden sei. Kritik an ihr hätte es auch gegeben, wenn sie Meyer schon am Montag zum Rücktritt aufgefordert hätte.

Auch der Vorsitzende der Jungen Union, Philipp Mißfelder, begrüßte den Rücktritt Meyers. "Aus nordrhein-westfälischer Sicht haben die letzten Tage der Wahlkampagne nicht genützt", sagte Mißfelder der "Berliner Zeitung" (Donnerstagausgabe). Mißfelder gehört dem nordrhein-westfälischen Landesverband an.

Die CDU muss sich nach den Worten von Merkels früherem Fraktionsvize Friedrich Merz im Vorfeld der NRW-Wahl als überzeugende Alternative präsentieren. Er sagte der "Westfalenpost" (Donnerstagausgabe), Opposition habe wegen inhaltlichen Stillstands bei der CDU zuletzt nicht mehr stattgefunden. Die Regierung agiere in weiten Teilen "im oppositionsfreien Raum". Dies gelte vor allem für die Umwelt- und Finanzpolitik.

Empfindlich reagierte die CDU auf Kritik des möglichen Koalitionspartner FDP. "Die Union wirkt zur Zeit ungeordnet", sagte Generalsekretärin Cornelia Pieper. Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Jörg van Essen, sagte, es habe zu lange gedauert, bis Meyer zurückgetreten sei. "Das Erscheinungsbild der Union kann einem nicht gefallen", sagte er.

Althaus nannte die Kritik im TV-Sender N24 "lächerlich". Er fügte hinzu: "Die FDP hat überhaupt kein Erscheinungsbild, insofern sollte sie sich etwas mäßigen in ihren Äußerungen." (APA/AP)