Sechs Jahrzehnte nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs soll es zu einer "historischen Versöhnung zwischen Kommunisten und Antikommunisten" kommen, entschied das serbische Parlament. Am Dienstag wurde fast einstimmig ein Gesetz verabschiedet, das den Veteranen der Tschetniks die gleichen sozialen Privilegien garantiert wie Titos Partisanen.

Weil beide gleichermaßen gegen die Nazis gekämpft haben, sollen sie gleich geehrt werden, hieß es. Was für die einen ein "verspäteter Triumph der Wahrheit ist", ist für die anderen "schlicht Geschichtsfälschung". Es ginge hier nicht um "Kommunismus und Antikommunismus", sondern darum, dass Titos Partisanen gegen die deutsche Okkupationsmacht gekämpft, und die Tschetniks mit ihr kollaboriert hätten, meinten Kritiker des umstrittenen Gesetzes.

Während des Weltkriegs ließ Winston Churchill den angelsächsisch gesinnten Tschetnikkommandanten und Kriegsminister der serbischen Exilregierung, Draza Mihailovic, fallen, weil dieser mit den Deutschen zusammengearbeitet hätte. Auch in der Dokumentation der deutschen Abwehr steht, dass die Tschetniks vom Wehrdienst aufgerüstet worden seien und unter deutschem Oberkommando gekämpft hätten.

Der selbst ernannte Woiwode der Tschetniks und Führer der Serbischen Radikalen Partei, Vojislav Seselj, dem wegen Kriegsverbrechen vor dem UNO-Tribunal der Prozess gemacht wird, kann jedenfalls zufrieden sein. Das Parlament entschied ebenfalls, dass wegen Kriegsverbrechen angeklagte Personen oder ihre Familien ihre Renten beziehen können, auch wenn sie auf der Flucht sind, wie General Ratko Mladic. Die Familien sollen auch unterstützt werden, wenn sie die Angeklagten im Gefängnis in Den Haag besuchen. (DER STANDARD, Printausgabe, 23.12.2004)