Die Schau "Funky Lessons" versammelt Arbeiten, die das Problem Didaktik und Wissens-vermittlung direkt angehen. Darunter Annika Ström:
I have no theory about this text, 2004
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Wien – Unter dem Titel Funky Lessons präsentiert die Bawag Foundation eine lustvolle Schau. Die Ausstellung versammelt Arbeiten, die das Problem Didaktik und Wissensvermittlung direkt angehen. Sie brechen Autorität und biegen erhobene Zeigefinger, verzichten aber dennoch nicht auf Wissen und Kritik.

Humor ist die Waffe der Entwaffnung in Performance, Video, Installation, Textarbeiten und Skulptur. "Ein gängiger Vorwurf besonders gegen konzeptuelle Kunst lautet, sie sei zu didaktisch", heißt es im Pressetext zu der von Jörg Heiser kuratierten Schau, die zuvor im Büro Friedrich in Berlin zu sehen war. Die Arbeiten sind allerdings allesamt ganz im Gegenteil ein sehr ironischer Umgang mit Didaktik.

Titelgebend ist das Video Funk Lessons (1983) von Adrian Piper. Die Künstlerin gibt darin – meist weißen – Studenten Tanzunterricht in Disco-Funk mit teils slapstickartigem Ergebnis. Eingebaut in diesen Unterricht sind allerdings diverse Diskurse über Musik und ökonomische Verwertungszusammenhänge des Rockbusiness. Es geht um Didaktik, um Kritik an konzeptueller Kunst und ihren Praktiken, aber auch um die Bildgenerierungsmaschine Popmusik und/oder Kunstbetrieb.

Um einen Kern klassischer Arbeiten (von Adrian Piper, John Baldessari) gruppieren sich jüngere Arbeiten (von Andrea Fraser, Eva Grubinger, Erik van Lieshout, Franz West) und exklusiv für die Ausstellung realisierte (u. a. von Monica Bonvicini, Martin Gostner, Marko Lulic, Aleksandra Mir und Barbara Visser).

Viele Arbeiten hinterfragen die Produktion von symbolischem Kapital und damit wiederum öffentlichen Bildern sehr stark. Andrea Fraser greift etwa den Kunstkontext direkt an. Sie folgt einer Audiotour durch das Guggenheim in Bilbao. Nachdem ihr dort erzählt wird, wie sinnlich die von Robotern gefertigte Architektur angeblich ist, beginnt sie eine Art sexueller Selbststimulierung und reibt sich an dieser Architektur. Sie macht dabei sehr sarkastisch anschaulich, dass der Diskurs der musealen Institution einer der Überredung ist. Eine Form der symbolischen Gewalt. Dass vorgebliche Freiheiten in Zeiten des Neoliberalismus, für die das Museum steht, Anordnungen zur Freiheit sind.

Eine andere klassische Arbeit ist Baldessari sings Sol LeWitt (1972): John Baldessari singt wie ein US-Laienprediger die berühmten trocken-ernsten Sätze zur konzeptuellen Kunst von Sol LeWitt zur Melodie bekannter Songs.

Ironischer Kommentar

Auch Franz Wests Kreuzung aus Sockel und Rednerpult Laokoons federnder Kopf (2002) ist ein ironischer Kommentar zu Kunstdidaktik. In der Ablage liegt ein Reclam-Heftchen mit Lessings Schrift Laokoon oder über die Grenzen von Malerei und Poesie. Darin spielt Lessing das Skulpturale, das statisch sei, gegen die Poesie, die beweglich sei, aus. West widerlegt dies mit der verklumpten Plastik, die mit einer Stahlfeder frei schwingend auf dem Pult befestigt ist.

Bei Marko Lulic gibt es die Idee davon, Heroisches zu entheroisieren, aber nicht als Verarschung, sondern mit Respekt. Die gewollt amateurhaften Plakate von Martin Gostner wiederum machen ein Universum an Querbezüglichkeiten auf. Annika Ströms Arbeit I have no theory about this text, die den gleichnamigen Text als Plakat zeigt, führt quasi auf eine paradoxe Wei- se Signifikant und Signifikat wieder zusammen und hinterfragt damit postmoderne Traditionen. (DER STANDARD, Printausgabe, 21.12.2004)