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Ein ehemaliger kongolesischer Armeesoldat, der zu den Rebellen übergelaufen ist, in der Rebellenhochburg Kanyabayonga im Westen der Demokratischen Republik Kongo.

Foto: AP/Gangale
Kinshasa - Die Kämpfe zwischen den Truppen der regulären kongolesischen Armee und ruandischen Soldaten und Guerillagruppen an der Grenze zwischen Kongo und Ruanda weiten sich aus. Rebellen, die bereits die Stadt Kanyabayonga im Westen kontrollieren, haben am Donnerstag die Regierungstruppen weiter in den Norden vertrieben. Noch am Dienstag sprach die Regierung in Kinshasa von einem "echten Krieg gegen Ruanda".

Am Donnerstag machte sich eine Delegation von Abgeordneten und Ministern auf dem Weg in den Osten des Landes. Mehr als 30.000 Menschen seien in der Region Kivu auf der Flucht, berichtete der UNO-Sender Radio Okapi. Kongo wirft Ruanda vor, seine Soldaten über die Grenze zu schicken, um die rohstoffreiche Region unter Kontrolle zu bringen.

Kigali bestreitet die Vorwürfe, obwohl zahlreiche Augenzeugen von der Ankunft ruandischer Soldaten berichteten. Ruanda kritisiert, dass im Osten Kongos noch Hutu-Milizen aktiv sind, die an dem Völkermord in Ruanda 1994 beteiligt waren. Aufständische haben mittlerweile auch die Hauptstadt der Provinz Nord-Kivu, Goma, unter ihrer Kontrolle. Einem Regierungssprecher zufolge sind die Rebellen mit Mörsern und Raketenwerfern ausgerüstet. Die kongolesische Regierung hat tausende Soldaten in den Osten des Landes entsandt, um gegen die Aufständischen vorzugehen.

Streit um Bodenschätze

Der Konflikt ist alt. Bereits 1997 hatte der Vater des jetzigen Präsidenten Joseph Kabila, Laurent-Desiré Kabila, die Schürfverträge und Forstkonzessionen von Ruanda und Uganda für Diamanten, Gold und Kupfer infrage gestellt. Aus Angst vor einem von Uganda und Ruanda geplanten Staatsstreich beschloss er im Juli 1998 die Rückführung aller im Kongo stationierten fremden Truppen. Daraufhin besetzten die beiden Nachbarländer einige Städte im Osten des Landes. Nach der Ermordung Laurent-Desiré Kabilas 2001 übernahm sein Sohn Joseph das Präsidentenamt.

In dem Friedensvertrag von 2002 verpflichtete sich Ruanda, die Truppen zurückzuziehen. Kongo musste versprechen, jene, die für den Völkermord in Ruanda verantwortlich sind, dem Internationalen Gerichtshof zu überstellen. Insgesamt soll der Konflikt im Kongo laut einer Studie der Hilfsorganisation International Rescue Committee in den letzten sechs Jahren 3,8 Millionen Menschen das Leben gekostet haben. Demnach sterben nach wie vor jedes Monat gut 31.000 Zivilpersonen infolge von Kriegshandlungen.

Der neue EU-Entwicklungskommissar Louis Michel sicherte dem Land bei seinem Besuch diese Woche Hilfsgelder über 38 Millionen Euro zu. Das Geld soll vor allem da- zu dienen, das Gesundheitswesen zu verbessern und 1,72 Millionen Vertriebene zu unterstützen. (awö/DER STANDARD, Printausgabe, 17.12.2004)