Wien - Neben dem Wiener Schauspielhaus wollen nun auch sechs weitere Kultureinrichtungen den "Hunger auf Kunst und Kultur" stillen: jenen Hunger, den Arbeitslose und arme Menschen verspüren und bisher nicht stillen konnten. Menschen, die nicht nur in die soziale, sondern auch in die kulturelle Isolation abgleiten, wie Martin Schenk von der Beratungseinrichtung Der Würfel in der Myrthengasse 17 nur allzugut weiß.

Die Aktion war vor einem Jahr von Airan Berg, dem künstlerischen Leiter des Schauspielhauses, ins Leben gerufen worden. Besucher und Sponsoren geben Geld für eine oder mehrere zusätzliche Karte. Gleichzeitig können Arbeitslose und in Not geratene Menschen bei einschlägigen Einrichtungen wie dem Würfel einen "Kunst- und Kulturpass" beziehen. Mit dem bekommen sie dann ihre Eintrittskarte für das Schauspielhaus. Ohne erniedrigende Bestätigungen etwa über Notstandshilfebezug vorweisen zu müssen.

Im ersten Jahr habe man so rund 300 Besucher gewinnen können, bilanzierte Berg am Dienstag. Und präsentierte die neuen Partner, die sich in unterschiedlichster Form beteiligen werden: Volksoper Wien, Kunsthalle Wien, Dschungel Wien, Sammlung Essl, Alte Schmiede/Kunstverein Wien und wienXtra-Cinemagic Kinderkino.

"Der Name der Aktion dokumentiert, dass Kunst und Kultur ein geistiges Grundnahrungsmittel ist", so Kunsthallen-Chef Gerald Matt. Er lädt künftig auch die betuchteren Bezieher von Freikarten ein, einen Solidaritätseuro für die Aktion zu spenden.

Die Familie Essl wiederum stelle im Sinne ihres privaten Kulturauftrages Karten zur Verfügung - Inhaber eines Kulturpasses könnten überdies gratis an Workshops teilnehmen, erläuterte PR-Chefin Nina Alvarez.

"Unser Publikum sollte ein echter Querschnitt der Bevölkerung sein", ergänzt Volksopern-Chef Rudolf Berger. "Für mich war es daher ganz normal, auf diesen Zug aufzuspringen."

Bleibt nur noch abzuwarten, bis wann dies auch für all die anderen Kulturinstitutionen der Stadt vollkommen normal sein wird.
(frei/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16.12.2004)