Britische Studie über "Ersatz-Sinn" eines blinden Mannes
Gehirnschaden ließ ihn die Fähigkeit, optische Signale zu verarbeiten, verlieren - dennoch scheint er Gesichtsausdrücke wahrzunehmen
Redaktion
,
London - Britische Forscher haben einen buchstäblich
sechsten Sinn bei einem Blinden nachgewiesen, mit dem dieser Gefühle
auf Gesichtern ablesen kann. Der 52-jährige Brite könne mit einem
nicht für das Sehen zuständigen Teil seines Gehirns Emotionen wie
Traurigkeit, Glück oder Angst erkennen, schrieben die Forscher von
der Universität von Wales in ihrer am Sonntag im Fachmagazin "Nature
Neuroscience" veröffentlichten Studie.
Zwei Herzinfarkte hatten den Teil im Gehirn des Mannes beschädigt,
der normalerweise die eingehenden optischen Signale verarbeitet.
Dadurch ist er vollkommen blind, auch wenn seine Augen und die
Sehnerven funktionieren.
Mehr als nur geraten?
Unterschiede zwischen einem männlichen und einem weiblichen
Gesicht oder zwischen Kreisen und Vierecken habe er nicht wahrnehmen
können, schrieben die Psychologen in ihrer Studie. Dagagen habe er in
59 Prozent der Fälle richtig gelegen, wenn er sagen sollte, ob die
ihm vorgehaltenen Gesichter Wut oder Freude ausstrahlten. Nach
Angaben des Leiters der Studie, Alan Pegna, liegt diese Rate deutlich
über der Trefferquote bei geratenen Aussagen. Auch Trauer oder Furcht
habe er in der menschlichen Mimik erkennen können - nicht dagegen
drohende oder friedfertige Ausdrücke bei Tieren.
Messungen ergaben, dass bei Vorlage der Gesichter der Teil des
Gehirns aktiviert wurde, der für die Verarbeitung von non-verbalen
Gefühlen zuständig ist. Das lege die Vermutung nahe, dass der Mann
von den Augen aufgenommene Signale nicht im Sehzentrum verarbeite,
sondern in anderen Teilen des Gehirns, schrieben die Wissenschafter. (APA)
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