Wahrscheinlich war es taktisch völlig richtig, dass Bundeskanzler Wolfgang Schüssel seinen neuen Innenminister so rasch aus dem Hut gezaubert hat. Doch schon jetzt zeigt sich, dass er damit die Lawine an Problemen, die sich nach Ernst Strassers flottem Abgang auf ihn zuwälzt, nicht aufhalten kann. Mit den koalitionsinternen Schwierigkeiten, die ihm die FPÖ zu bereiten wild entschlossen ist, dürfte Schüssel relativ leicht fertig werden. Den Anspruch der Blauen auf das Innenministerium, den mit Jörg Haider der bisher gewichtigste Mitspieler erhoben hat, sollte er wohl abschmettern können. Mit der umgehenden Bestellung Platters hat Schüssel ja bereits avisiert, dass er nichts davon hält.

Wesentlich heikler dürfte sich die Klärung des Verhältnisses zur niederösterreichischen Volkspartei gestalten. Von dieser Seite hat Landeshauptmann Erwin Pröll bereits sehr deutlich den Anspruch deponiert, bei der endgültigen Bestellung des Innenministeriums mitentscheiden zu wollen - und damit drei Dinge klar gemacht: Platter ist in seinen Augen nur interimistisch Innenminister. Sollte Schüssel daran gedacht haben, Verteidigungs- und Innenministerium zu einem Superressort zusammenzufassen, muss er das gegen Prölls Willen durchsetzen. Und: Die Niederösterreicher sind nicht bereit, bei der Besetzung dieses Ressorts ihre Interessen hintanzustellen. Strasser war ihr Mann, sein endgültiger Nachfolger soll es auch sein.

Mittelfristig kann sich Schüssel eine weitere Abkühlung seines Verhältnisses zu den mächtigen Landesfürsten nicht leisten. Aus Oberösterreich schlägt ihm schon seit Längerem nicht die reine Liebe entgegen, die Entwicklungen in der Steiermark befördern die Harmonie auch nicht: Ein Zerwürfnis mit Pröll würde endgültig eine Führungsdebatte in der ÖVP auslösen. (DER STANDARD, Printausgabe, 13.12.2004)