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Der Sternenscheibe von Nebra sollen die letzten Geheimnisse entrissen werden

Foto: APA/dpa/Stache
Halle - Das weltweit größte Forschungsprojekt zur Bronzezeit soll bis zum Jahr 2010 die letzten Rätsel der 3600 Jahre alten "Himmelsscheibe von Nebra" lösen. Unter dem Projektnamen "Der Aufbruch zu neuen Horizonten - Die Funde von Nebra, Sachsen-Anhalt, und ihre Bedeutung für die Bronzezeit Europas" wollen 36 Wissenschafter aus Halle, Jena, Tübingen, Bochum, dem Saarland und Edinburgh das gesamte Spektrum zu dem archäologischen Sensationsfund aus Sachsen-Anhalt untersuchen. Die Himmelsscheibe zeigt die älteste konkrete Sternenabbildung der Welt.

Projektstart ist im Jänner 2005. Die Kosten betragen rund fünf Millionen Euro, davon kommen 3,3 Millionen Euro von der Deutschen Forschungsgemeinschaft, wie Koordinator Francois Bertemes von der Martin-Luther-Universität Halle sagte.

Siedlungen noch nicht gefunden

"Bis jetzt fehlen uns die Siedlungen der Menschen, die diese Scheibe benutzt haben", sagt Sachsen-Anhalts Landesarchäologe Harald Meller. Weitere umfangreiche Ausgrabungen um den Fundort der Himmelsscheibe am Mittelberg bei Nebra sollen darüber Aufschluss geben. "Wir haben ja diese Bronzezeit-Leute dramatisch unterschätzt", sagt Meller und erklärt: "Die Himmelsscheibe ist ein starker Informationsträger und damit ein idealer Ansatzpunkt für die detaillierte Erforschung und Rekonstruktion des Lebens in der Bronzezeit."

Insgesamt sollen in den nächsten sechs Jahren 24 Bauten aus der frühen Bronzezeit untersucht werden. Dazu gehören zwölf Höhensiedlungen etwa bei Schraplau und Mücheln, wie Peter Ettel vom Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität Jena erklärt. Höhensiedlungen waren zentrale befestigte Orte, die vor 4000 bis 3500 Jahren auf Anhöhen errichtet wurden.

Zudem sollen zwölf Kreisgrabenanlagen unter anderem bei Egeln und Bad Dürrenberg unter die Lupe genommen werden. "Wir gehen davon aus, dass die frühbronzezeitlichen Kreisanlagen als Kultplatz, wahrscheinlich für einen Totenkult gedient haben. In ihrer Nähe fanden sich meist auch Gräberfelder", erklärt Bertemes.

Die Ausgrabungen werden wissenschaftlich begleitet von vergleichenden Materialanalysen an anderen Funden aus der Bronzezeit. "Wir wollen wissen, ob das Kupfer für die Himmelsscheibe wirklich aus Österreich kam und nicht vielleicht doch aus dem Harz oder Mansfelder Land", sagt der Lagerstättenforscher Gregor Borg vom Institut für geologische Wissenschaften der Universität Halle. Er leitet mit dem Tübinger Archäometallurgen Ernst Pernicka die umfangreichen Vergleichsanalysen. Dafür werden mehrere tausend bronzezeitliche Funde aus dem Fundus des Landesmuseums Halle akribisch nach ihrem geochemischen "Fingerabdruck" untersucht.

Die Himmelsscheibe wurde im Juli 1999 auf dem Mittelberg bei Nebra von zwei bereits verurteilten Raubgräbern zusammen mit einem Bronzeschatz ausgegraben. Nach jahrelanger Odyssee wurden die Teile am 23. Februar 2002 in der Schweiz bei einer fingierten Verkaufsaktion sichergestellt. Erst vor wenigen Tagen hatte der Archäologie-Professor Peter Schauer von der Universität Regensburg Zweifel an der Echtheit des Fundes geäußert. Landesarchäologe Meller widersprach ihm jedoch: "Die Himmelsscheibe ist eines der am besten untersuchten archäologischen Objekte." (APA/dpa)