Für die Chinesen ist es ein großer Sprung nach vorn. Als der Chef des Branchenprimus Lenovo am Mittwoch in Peking die Übernahme der PC-Sparte von IBM verkündete, brandete unter den einheimischen Journalisten Applaus auf. Gut zwei Jahrezehnte nachdem der weltgrößte Computerbauer die ersten Personal Computer auf den Markt brachte, geht das IBM-Logo auf Laptops und Desktop-Rechnern in den Besitz der Chinesen über. Schon jetzt schrauben 4.000 von weltweit 10.000 IBM-Mitarbeitern in China Computer zusammen. Doch zunehmend reißen sich Firmen aus der Volksrepublik auch Forschung, Entwicklung und die strategische Planung in den Chefetagen unter den Nagel.

Zweifel an der Qualität der chinesischen Produktion gehörten mittlerweile der Vergangenheit an, sagt Annie Chung von der US-Unternehmensberatung Gartner. Für Beobachter wie sie kommt Chinas Griff nach ausländischen Konzernbereichen nicht unerwartet. Vor allem Firmen aus arbeits- und kapitalintensiven Industrien, die nicht viel kompliziertes technisches Know-how bräuchten, strebten auch selbst auf die internationale Bühne, sagt Zhang Qi vom Wertpapierhandelshaus Haitong Securities. Bekanntestes Beispiel sei der Elektrokonzern Haier, der als größte chinesische Marke mit Waschmaschinen, Kühlschränken und Staubsaugern bereits international etabliert sei.

Andere kaufen sich wie Lenovo bei renommierten ausländischen Konzernen ein. Schlagzeilen machte vor gut einem Jahr der zweitgrößte chinesische TV- und Handyhersteller TCL, der sich mit dem französischen Thomson-Konzern gegen Branchengrößen wie Sony und Philips zusammenschloss. Chinas größte Autogruppe SAIC kaufte sich im Oktober zunächst beim südkoreanischen Hersteller Ssangyong ein. Im November wurde bekannt, dass sie auch den letzten britischen Autobauer MG Rover übernehmen will. Der Zink- und Kupferproduzent China Minmetals steht in Übernahmeverhandlungen mit der größten Minengesellschaft Kanadas, Noranda.

Auch große Staatskonzerne im Öl- und Gasbereich haben in den vergangenen Jahren Schritt für Schritt ihre weltweiten Beteiligungen ausgebaut - in den Augen der chinesischen Führung ein Mittel, um das ungebremste Wachstum der Volksrepublik weiter zu sichern. Bis Ende 2003 steckte China mehr als 6 Mrd. Dollar (4,5 Mrd. Euro) in 58 ausländische Öl- und Gasprojekte. Amtlichen Zahlen zufolge hatten chinesische Unternehmen zum gleichen Zeitpunkt insgesamt 33 Mrd. Dollar in 7.470 ausländische Firmen gesteckt. Dies sei aber erst der Anfang, ist sich Zhang von Haitong Securities sicher. (APA)