Die regierenden Sozialisten (MSZP) fordern Ex-Premier Viktor Orban, den Vorsitzenden der oppositionellen rechtskonservativen Partei FIDESZ-Ungarischer Bürgerverband, zum "Rücktritt" auf. Im Rahmen des Referendums hätten sich 6,5 Millionen Ungarn - 1,5 Millionen, die teilnahmen, und fünf Millionen, die fernblieben und sich der Stimme enthielten - dagegen verwehrt, nach "Ja" oder "Nein" beim Referendum in "ehrenwerte und ehrlose" Bürger unterteilt zu werden.
FIDESZ wiederum macht die Regierung dafür verantwortlich, die Bürger im Mutterland und die Auslandsungarn "gegeneinander aufzubringen". Das oppositionelle konservative Demokratenforum (MDF) fordert ein Gesetz über die Vergabe der Doppelstaatsbürgerschaft von Auslandsungarn. Käme dieses bis März 2005 nicht zu Stande, dann solle sich das Parlament auflösen und Neuwahlen sollten folgen, so die Forderung.
Premier Ferenc Gyurcsany beauftragte Justizminister Jozsef Petretei, bis Mitte Jänner 2005 eine vereinfachte Anpassung der Rechtsgrundlage für das erleichterte Einbürgerungsverfahren von Auslandsungarn zu erarbeiten. Die gegenwärtige Vorgehensweise umfasst laut Gyurcsany Elemente, die vereinfacht oder gestrichen werden müssten. Bei der Sitzung am Mittwoch wird sich das Kabinett mit der Ausarbeitung einer neuen Strategie befassen, zu der auch die Frage der eventuellen Vergabe eines ungarischen Passes an Auslandsungarn gehört.
Scharfe Reaktionen von Auslandsungarn
Das gescheiterte Referendum hat unter den Auslandsungarn nicht nur große Enttäuschung hervorgerufen, sondern auch scharfe Reaktionen. Wie aus Medienberichten hervorgeht, hing an einem Kaffeehaus im rumänischen Szekelyudvarhely ein Schild mit der Aufschrift: "Wir bedienen keine ungarischen Staatsbürger!". Weiters würden Personen ungarischer Abstammung im rumänischen Siebenbürgen ihren "Ungarnausweis" - ein Dokument, das Vergünstigungen gewährt - zurückgeben, um damit ihren Protest gegen das gescheiterte Referendum zum Ausdruck zu bringen. Ebenso soll es Äußerungen geben, wonach Ungarn aus dem Mutterland nicht mehr gerne gesehen würden.
"Radikale Formen" habe die Enttäuschung im rumänischen Szeklerland angenommen, berichtet die Nachrichtenagentur MTI. Die Selbstverwaltung des rumänischen Komitats Hargita informierte die Partnerkomitate in Ungarn, es sollten die Beziehungen zu jenen Komitaten überprüft werden, in denen die "Nein"-Stimmen beim Referendum über die Vergabe der Doppelstaatsbürgerschaft überwogen hätten.