Dvorak: "Für manche Teile der FPÖ ist 'rechtspopulistisch' eigentlich ein viel zu freundliches Wort, wenn man sich manche Aussagen, Aktionen oder Texte vor Augen führt, wäre 'rechtsextrem' fast angebrachter."

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Am Parteitag der SPÖ wurde vergangene Woche ein Antrag der Sozialistischen Jugend (SJÖ) angenommen, der besagt, dass die Partei mit einer "rechtspopulistischen FPÖ" nicht koalieren werde. SJÖ-Vorsitzender Ludwig Dvorak erklärt Rainer Schüller im E-Mail-Interview, was die Jugendorganisation machen würde, sollte sich die Parteispitze daran nicht halten. Eine Personaldebatte bringe der SPÖ nichts, die Diskussion um die Kommunikation sollte rasch geklärt werden und an Wunderheiler glaubt er nicht.

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derStandard.at: Auf Antrag der Sozialistischen Jugend hat die SPÖ am Parteitag beschlossen, künftig keine Koalition mit einer "rechtspopulistischen FPÖ" einzugehen. Glauben Sie, dass sich die Parteispitze daran halten wird?

Dvorak:Ich gehe fix davon aus, dass die Parteispitze einen Antrag, der eine derartig große Akzeptanz, nicht nur am Parteitag, sondern in der gesamten Partei hat, strikt einhalten wird.

derStandard.at: Was würde die Sozialistische Jugend tun, sollte sich die Parteispitze nach der nächsten Nationalratswahl über diesen Beschluss hinwegsetzen (z.B. mit der Begründung, dass die dann aktuelle FPÖ nicht rechtspopulistisch sei)?

Dvorak: Mit noch massiveren Protesten als jenen, mit denen wir 2003 gegen eine Beteiligung der SPÖ am Kabinett Schüssel aufgetreten sind. Die SPÖ darf nicht mit einer Partei koalieren, die immer wieder am rechten Rand anstreift.

Es ist als SPÖ aber auch untragbar, in eine Koalition mit einer Partei einzutreten, deren erklärtes Programm der Sozial- und Bildungsabbau in Österreich ist.

derStandard.at: Was versteht die SJ eigentlich genau unter "rechtspopulistisch"?

Dvorak: Für manche Teile der FPÖ ist "rechtspopulistisch" eigentlich ein viel zu freundliches Wort, wenn man sich da manche Aussagen, Aktionen oder Texte vor Augen führt, wäre da "rechtsextrem" fast angebrachter. Aber ich meine, dass der "weitere" Begriff "rechtspopulistisch" es noch schwerer macht, in ein paar Jahren einen "tiefgreifenden Wandel" der FPÖ zu erkennen.

derStandard.at: Jörg Haider hat sich über den "radikalen Juso-Antrag" entsetzt gezeigt. Er hat weiters gemeint, dass bei der Abstimmung nur mehr wenige Delegierte anwesend waren. Wie viele haben tatsächlich dafür gestimmt, wie viele dagegen?

Dvorak: Es gab 15 Gegenstimmen und einige Enthaltungen, die überwiegende Mehrzahl der Delegierten war für den Antrag. Aufgrund der sichtbaren Deutlichkeit der Mehrheit für den Antrag wurden die Pro-Stimmen meines Wissens aber nicht genau ausgezählt.

derStandard.at: Gab es von innerhalb der SPÖ auch negative Reaktionen auf den Antrag?

Dvorak: Außer den 15 Gegenstimmen sind mir keine bekannt.

derStandard.at: Wie wirkt sich der Parteitagsbeschluss auf die blau-rote Koalition in Kärnten aus?

Ich glaube, es ist wichtig zu sehen, dass sich dieses Experiment so deutlich auf den Bundesparteitag ausgewirkt hat. Das Kärntner Beispiel zeigt, das die SPÖ in einer solchen Zusammenarbeit nichts zu gewinnen, sondern viel zu verlieren hat. Und ich hoffe, dass das auch die Kärntner SPÖ erkennt und daraus die Schlüsse zieht...

derStandard.at: Gibt es eine FPÖ, die auch für die Sozialistische Jugend als Koalitionspartner in Frage käme? Wie müsste diese aussehen?

Dvorak: Da fehlt mir die Fantasie. Die Medien machen meistens einen "rechten Flügel" um Mölzer, Stadler, Strache, Gudenus aus und einen "liberalen" mit Leuten wie Gorbach, Westenthaler oder Riess-Passer. Ich finde, es sagt alles über den Zustand der FPÖ, dass die rechten Radaubrüder von einst wie Peter Westenthaler plötzlich Vertreter eines "liberalen Flügels" sein sollen.

Aber selbst wenn sich die FPÖ von rassistischem Gedankengut komplett trennen würde (was mir vollkommen unrealistisch erscheint): Mit einer Sozialraub-Partei wie der FPÖ, die seit Jahren nichts anderes tut, als die arbeitenden Menschen auszuplündern und den Sozialstaat zu demontieren, ist keine Koalition möglich.

derStandard.at: SP-Vorsitzender Gusenbauer hat sein mattes Ergebnis am Parteitag verteidigt, indem er gemeint hat, dass neun von zehn - von denen, die abgestimmt haben - ihm das Vertrauen ausgesprochen haben. Wieviel Zustimmung kam dabei von den Jungen? Haben Sie selbst für Gusenbauer gestimmt? Warum/Warum nicht?

Dvorak: Unsere Position ist die, dass eine ständige Personaldiskussion nichts bringt, ich wüsste niemand besseren. Die SPÖ hat bei weitem wichtigere Themen zu diskutieren, gerade was ihre Programmatik und die Schärfe ihres Profils anlangt. Für wen stehen wir? Was tun wir gegen den Privatisierungswahn, was gegen die Rekordarbeitslosigkeit? Und welche konkreten Maßnahmen setzen wir, um die schwarz-blaue Umverteilung von Arm zu Reich umzukehren?

Da braucht es in der Gesellschaft eine Diskussion und konkrete Antworten der SPÖ, wie eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich, die Wertschöpfungsabgabe, eine Vermögensbesteuerung, mit der von oben nach unten verteilt wird. Von dieser inhaltlichen Debatte lenkt eine ständige auf die Person Gusenbauer zugespitzte Diskussion aber nur ab.

derStandard.at: Halten Sie Gusenbauer für einen Wunderheiler? Wer wenn nicht er könnte der/die WunderheilerIn der SPÖ sein?

Dvorak: Ich glaube nicht an Wunderheiler. Die Gesellschaft verändern können nur Menschen, die sich organisieren und ihre Forderungen einbringen. Das ist auch das Selbstverständnis der Sozialistischen Jugend: Wir wollen nicht warten bis uns jemand "da oben" beschenkt. Die SJ bietet einen Anknüpfungspunkt für Jugendliche, sich zu organisieren und gemeinsame Interessen selbst durchzusetzen.

derStandard.at: Ist die SPÖ in der Krise, wie Swoboda festgestellt hat? Wo liegt das Problem?

Dvorak: Ich kann nicht nachvollziehen, was Hannes Swoboda uns da sagen wollte. Wo macht die SPÖ bitte Frontalopposition? Es wär ja schön, wenns so wäre, aber ich meine, dass zuviele in der SPÖ an eine "staatspolitische Verantwortung" glauben und denken, wir müssten uns in Zurückhaltung üben. Aber das spielts nicht.

Schwarz-Blau zieht beinhart ein neoliberales Programm durch, das gerade die Lebensperspektiven von uns Jugendlichen zerstört. Sie privatisieren, was nicht niet- und nagelfest ist, sie erhöhen kaltschnäuzig die (Jugend-) Arbeitslosigkeit, sie zerstören konsequent Schulen, Unis und den Sozialstaat, sie verteilen von den arbeitenden Menschen zu den Unternehmen um. Was braucht es da bitte, wenn nicht Frontalopposition? Die Vorbereitung auf eine Koalition mit der ÖVP können wir getrost den Grünen überlassen. Die SPÖ muss die Partei sein, die ganz klar sagt: Wir machen das alles ganz anders!

derStandard.at: Gibt es in der SPÖ ein Kommunikationsproblem? Was unternimmt die Jugend dagegen?

Dvorak: Das muss die Partei selbst entscheiden, wie zufrieden oder unzufrieden sie mit der eigenen Kommunikation ist. Ich meine, wir sollten die Kommunikationsdebatte rasch klären und mit einem Konzept für einen sozialistischen Kurswechsel gegen die schwarz-blaue Wende in die Offensive gehen. Jeder Tag, den diese Regierung im Amt verbringt, ist ein weiterer Anschlag auf ArbeitnehmerInnen und Jugendliche, Schulen, Unis und das Sozialsystem.