Wien - Eine Gruppe von 32 ehemaligen österreichischen Botschaftern hat am Freitag in einem offenen Brief an die Regierung vehement vor der Aufnahme der Türkei als Vollmitglied in die EU gewarnt. Österreich sollte der Aufnahme von Verhandlungen mit der Türkei nur dann zustimmen, wenn im Verhandlungsmandat neben einer EU-Vollmitgliedschaft auch Alternativen als mögliche Verhandlungsergebnisse genannt werden, appellieren die ehemaligen Diplomaten an Bundeskanzler Wolfgang Schüssel.

Mit der Aufnahme der Türkei würden die Grenzen Europas überschritten werden, heißt es in dem Schreiben. Der im Oktober vorgelegte Bericht der EU-Kommission über die Fortschritte der Türkei bewertete nur die Erfüllung der politischen und wirtschaftlichen Kriterien und empfehle eine Verhandlungsaufnahme, ohne dass die politischen Kriterien von der Türkei in der Praxis im vollen Ausmaß umgesetzt seien.

Bürger ablehnend

Zudem stünden in fast allen EU-Staaten, so auch in Österreich, die Bürger einer Vollmitgliedschaft der Türkei mehrheitlich ablehnend gegenüber. "Schon aus einem Demokratieverständnis heraus, ist es notwendig, die Bürger der Union an der Entscheidung teilhaben zu lassen." Schließlich sei für die Zukunft der Union unabdingbar, dass "ein echtes Wir-Gefühl entsteht. Der Prozess der europäischen Identitätsstiftung als Grundlage einer tragfähigen europäischen Einigung darf nicht aufs Spiel gesetzt werden." (APA, red, DER STANDARD, Printausgabe 4./5.12.2004)