Belgrad/Pristina (APA) - Das Kosovo-Parlament hat bei seiner Sitzung am Freitag in Pristina den mutmaßlichen Kriegsverbrecher Ramush Haradinaj (36), zum neuen Ministerpräsidenten der Provinz gewählt. Der frühere Kommandant der Kosovo-Befreiungsarmee (UCK) Haradinaj soll für die Ermordung von Serben und "nicht kooperationswilligen" Albanern während des Kosovo-Krieges (1998/99) verantwortlich sein.

Die Wahl Haradinajs zum Regierungschef verlief eindeutig. 72 Abgeordnete der insgesamt 108 Anwesenden stimmten für den Vorsitzenden der Allianz für die Zukunft des Kosovo (AAK), zwei dagegen. Zwei Parteien beteiligten sich nicht an der Parlamentssitzung: Die Abgeordneten der zweitgrößten Demokratischen Partei von Hashim Thaci (30 Abgeordnetensitze) und der "Ora" von Veton Surroi (sieben Abgeordnete). Auch die serbische Minderheit hatte die Parlamentswahl aus Protest gegen die schlechte Sicherheitslage weitgehend boykottiert. Nur zwei von insgesamt zehn serbischen Abgeordneten nahmen teil.

Die Bestellung von Haradinaj, gegen den auch das UNO-Kriegsverbrechertribunal ermittelt, löste in Belgrad äußerst negative Reaktionen aus. Als "Schlag ins Gesicht" des serbischen Staates bezeichnete etwa der Klubobmann der regierenden G17-plus-Partei, Miroljub Albijanic, die Wahl von Haradinaj. Er meinte auch, dass eine Zusammenarbeit Belgrads mit dem neuen Kosovo-Regierungschef "fast unmöglich" sei. Auch Dusan Petrovic von der Demokratischen Partei Serbiens sagte der staatlichen Presseagentur Tanjug, die Wahl von Haradinaj sei äußerst besorgniserregend.

Mehrere europäische Politiker, unter ihnen der EU-Außenbeauftragte Javier Solana, hatten Bedenken angemeldet, ob der ehemalige Rebellenführer ein geeigneter Kandidat für den Regierungsposten sei.

Am Freitag wählte das Parlament in Pristina außerdem einen Präsidenten der Provinz. Ibrahim Rugova wurde in diesem Amt bestätigt. Parlamentspräsident bleibt Nexhad Daci von Rugovas Partei, der Demokratischen Liga des Kosovo (LDK). Daci hatte dieses Amt auch in den vergangenen drei Jahren inne.

11 weitere Ministert ernannt

Das Parlament bestätigte außerdem elf Minister des Kabinetts von Haradinaj. Die zwei Ministerposten (Landwirtschaft und Flüchtlingsrückkehr), die den Minderheiten zustehen, sollen später vergeben werden. Die Zukunftsallianz (AAK) und die LDK bilden die Regierungskoalition in der Provinz.

In einer kurzen Ansprache vor dem Parlament sprach sich Rugova laut Medienberichten für ein "souveränes Kosovo" aus, "das in die EU integriert und in ständiger Freundschaft mit den USA" ist.

Der UNO-Verwalter für das zu Serbien gehörende Kosovo, Sören Jessen-Petersen, gratulierte Haradinaj und Rugova zu ihrer Wahl und rief sie auf, die ethnisch gespaltene Provinz "zu einem besseren Ort für alle ihre Einwohner zu machen". "Die nächsten 12 Monate werden entscheidend für die Zukunft Kosovos sein", sagte er. (APA)