Gwen Stefani
Love Angel Music Baby(Universal)

Foto: Universal
Mit 35 Jahren startet Gwen Stefani, Frontfrau der kalifornischen Band No Doubt ("Don't Speak"), jetzt eine späte Karriere als Solosängerin und Modedesignerin für Backfische: "Love. Angel. Music. Baby."


Ihre Weltkarriere startete erst, als man die Band eigentlich schon abgeschrieben hatte. Damals drohte auch mit Tragic Kingdom ein erneuter Flop. Das im Oktober 1995 erschienene dritte Album der bereits 1987 gegründeten No Doubt aus Südkalifornien schien trotz massiver PR für die hektischen und zickig tremolierten New-Wave- und Ska-Popsongs von Frontfrau Gwen Stefani und Begleitung wieder nicht durchzustarten. Ein Jahr später riss erst die dritte ausgekoppelte Single das Ruder herum.

Die steinerweichende Abschiedsballade Don't Speak, aus österreichischer Sicht höchstens noch mit Erika Pluhars Es War Einmal aus 1972 vergleichbar ("Bitte geh' - nein, bleib'!"), sorgte dafür, dass sich No Doubt mit 17 Millionen verkauften CDs doch noch zu einer der erfolgreichsten Gruppen der 90er-Jahre mauserten. Eine mehrjährige Welttournee mit Band und diverse Solosingles später baut die 35-jährige Sängerin, die seit zwei Jahren mit Gavin Rossdale, dem Sänger der edlen britischen Grunge-Rocker Bush verheiratet ist, vor einer im Sinne ihres Vorbilds Madonna geplanten Zukunft als Hausfrau und Mutter jetzt auf eine späte Solokarriere.

Neben einer gerade anlaufenden Schauspielkarriere in Hollywood, unter anderem als Jean Harlow ab Jänner 2005 in Martin Scorseses The Aviator und ihrem eigenen Modelabel L.A.M.B. (Love. Angel. Music. Baby.), das allein noch dieses Jahr mit einem "High-Low"-Design zwischen Punk Royal und Haute Couture im Sinne ihrer Vorbilder John Galliano und Vivienne Westwood 50 Millionen Dollar umsetzen soll, geht es ab sofort mit einem gleichnamigen Album nebenher auch noch um Musik als Trägermedium für ihre Kleider und Accessoires. Die Hauptzielgruppe dabei: der japanische Markt mit seinen kaufkräftigen jungen Damen. Die haben Gwen Stefani zwischen Niedlichkeit, Verruchtheit und zarter Aufsässigkeit offenbar schon länger als eine der ihren erkannt.

Wie heißt es jetzt im für eine Mittdreißigerin doch beachtlich bescheuerten Song Harajuku Girls: "You're so original girls. I'm looking at you girls. You dress so fly and just parade around. I'm fascinated by the Japanese fashion scene. Just an American girl in the Tokyo streets. My boyfriend bought me a Hysteric Glamour shirt. They're hard to find in the states, got me feeling couture. (it's really cool) What's that you got on? Is it Comme des Garcons? Vivienne Westwood can't go wrong, mixed up with second hand clothes. (let's not forget about John Galliano) (no)."

Mit einer edlen Produzentenregie, angefangen von den obligaten Neptunes, die jüngst auch Britney Spears oder Christina Aguilera auf modernen Dancepop-Kurs brachten, oder dem unter anderen von Björk bekannten Nellee Hooper, mit Andre 3000 von Outkast oder Eminem-Producer Dr. Dre hat man für die 13 Stücke von Love. Angel. Music. Baby. also keinesfalls bei den Produktionskosten gespart. Dafür hat Texterin und Interpretin Gwen Stefani, abgesehen von einer Kooperation für die aktuelle Single What You Waiting For? mit Linda Perry von den Four Non Blondes, hörbar bei den Songs selbst gespart. Bunter, knalliger Plastikpop zwischen 80er-Jahren (Duran Duran), einer Dancefloor-Bearbeitung des Musical-Hits Wenn Ich Einmal Reich Wär' und einer Halbwertszeit zwischen: bei einem Ohr rein, beim anderen raus. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 3.12.2004)