Semmering - Der Betriebsrat der VA Tech erhebt neue Vorwürfe gegen den Siemens-Konzern. Unter Berufung auf Gerüchte aus dem Parlament unterstellt Betriebsratschef Anton Beneder Siemens Absprachen mit dem Industriellen Mirko Kovats, wonach dieser nach dem Verkauf seiner Anteile an Siemens die VA Tech-Energieerzeugungssparte Hydro bekommen soll.

Beneder glaubt, dass die Übernahmekommission deshalb noch einmal einschreiten könnte, und er erwartet darüber hinaus auch Wettbewerbsauflagen bei der von Siemens begehrten VA Tech-Infrastrukturgesellschaft Elin-EBG.

Die Sparte war Auslöser für die Überlegungen der Siemens zur Übernahme der VA Tech gewesen, Siemens selbst ortet hier keine Schwierigkeiten mit den Kartellbehörden. Sehr wohl aber rechnet selbst Siemens damit, nach einer Übernahme der VA Tech aus EU-Wettbewerbsgründen den Hydro-Bereich wieder abgeben zu müssen.

Hochleitner dementiert Absprachen

Absprachen über einen Weiterverkauf des Bereichs hat Siemens-Chef Albert Hochleitner immer klar dementiert. Sollten sich die Gerüchte aber bestätigen, müsse die Übernahmekommission ihre Zustimmung zum Siemens-Offert noch einmal überdenken, meinte Beneder Montagabend bei einer Tagung des Verbands der Öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft (VÖWG) am Semmering.

Der VA Tech-Betriebsrat glaubt, dass von der Übernahme seines Konzerns durch Siemens "mehrere tausend (der derzeit 17.500, Anm.) Arbeitsplätze gefährdet" würden. Zu den Bereichen Hydro und Infrastruktur kämen auch noch Überschneidungen mit Siemens in der Automatisierungssparte der Metallurgie (1.500 Mitarbeiter) und in den Verwaltungsbereichen sowie Auftragsverluste für die Werke Weiz (1.000 Mitarbeiter) und Wien-Penzing, weil der US-Partner General Electric (GE) wegen des Siemens-Einstiegs seine Kooperation mit der VA Tech beenden werde.

Nichts sagende Standortgarantie

Die Standortgarantie von Siemens sagt für Beneder "nichts aus". Und auch die 18-monatige Jobgarantie für Weiz gelte nur so lange, bis die bestehenden Verträge mit GE abgearbeitet seien. Auch die vom Betriebsrat zur Sicherung von Mitspracherechten angepeilte Mitarbeiter-Beteiligung in Höhe von 10 Prozent, wird voraussichtlich nicht mehr erreicht.

Man verfolge die Pläne zwar weiter, bei einem Komplettverkauf an Siemens müsse man sich aber langsam die Frage der Sinnhaftigkeit dieser Bemühungen stellen, so Beneder.

Letzter Hoffnungsanker für den Betriebsrat: Siemens solle die von Kovats erworbenen 16 Prozent wieder verkaufen - notfalls über die Börse. Weil dies aber gänzlich unwahrscheinlich ist, drängt der Betriebsrat jetzt darauf, dass zumindest die Staatsholding ÖIAG ihre Minderheitsanteile an der VA Tech behält. Damit würde die Arbeitnehmervertretung zumindest in den Verhandlungen über die Absicherung von Arbeitsplätzen gestärkt, meint Beneder.

Lacina sieht Regierungsauftrag nicht erfüllt

Unterstützung erhält er vom VÖWG-Präsidenten und früheren SPÖ-Finanzminister Ferdinand Lacina. Er stellt die Frage, ob ein Verkauf der ÖIAG-Anteile überhaupt dem erst vor zwei Monaten geänderten Regierungsauftrag entspreche, eine stabile österreichischen Kernaktionärsstruktur zu bewahren, Entscheidungszentralen und Produktion in Österreich zu halten und wenn möglich über die Börse zu privatisieren. Noch vor zwei Monaten habe der Finanzminister einen VA Tech-Verkauf an Siemens als feindliche Übernahme qualifiziert, erinnert Lacina noch einmal.

Unterm Strich glaubt der VA Tech-Betriebsrat aber, "dass der Zug bereits abgefahren ist". Die Aussprache zwischen Siemens und den Landeshauptleuten vergangenen Freitag in Linz sei nur noch Inszenierung gewesen. Mit den politischen Entscheidungsträgern sei der VA Tech-Verkauf an Siemens bereits gedealt, glaubt Beneder. Streiken will der Betriebsrat trotz Druck aus der eigenen Belegschaft aber vorerst nicht. (APA)