Wien - In einem Offenen Brief protestieren die Vorsitzenden der Hochschülerschaften an den 21 Universitäten gegen die Vorgehensweise von ÖVP und FPÖ bei der Reform des Hochschülerschaftsgesetzes (HSG). Mit der gewählten Form des parlamentarischen Initiativantrags würden die Betroffenen keine Möglichkeit erhalten, zu dem Vorschlag in geeigneter Form öffentlich Stellung zu nehmen. Der bloße Verweis auf eine private E-Mail-Adresse mit der Einladung zum Mitdiskutieren könne ein offizielles Begutachtungsverfahren und den direkten Meinungsaustausch mit den Betroffenen nicht ersetzen.

"Wir fühlen uns um unser Begutachtungsrecht betrogen", betonte der Vorsitzende der Hochschülerschaft an der Technischen Universität (TU) Wien, und Erstunterzeichner, Gabor Sas, gegenüber der APA. Gefordert werden außerdem die Einberufung einer parlamentarischen Enquete sowie die Einladung der Repräsentanten der betroffenen Organe als Auskunftspersonen in den Wissenschaftsausschuss.

Abseits des Offenen Briefs regt sich aber auch inhaltlich Kritik - so kritisiert Sas die Vereinnahmung der Vorsitzendenkonferenz durch ÖVP-Wissenschaftssprecherin Gertrude Brinek. Sas ist einer der Initiatoren jener Konferenz der Vorsitzenden der Hochschülerschaften an den einzelnen Universitäten, die im Sommer eine Resolution zur Reform der Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH) verabschiedet haben. Wenn Brinek als Begründung für den von ihr eingebrachten Entwurf eines neuen HSG die Resolution der Vorsitzendenkonferenz anführe, sei dies schlicht eine "Verdrehung der Tatsachen". Man habe nie etwa die Abschaffung der Direktwahl der Bundesvertretung gefordert, sondern nur die Ergänzung dieses Gremiums um die Vorsitzenden der lokalen Hochschülerschaften.

Das von VP und FP gewählte Modell führe hingegen dazu, dass auf Grund des vorgesehenen Entsendungsmodus an den kleinen Unis nur die stärkste Fraktion in der BV vertreten sei - die aber nicht unbedingt den Vorsitz der lokalen Hochschülerschaft stelle, so Sas. Ähnlich argumentiert die Hochschülerschaft an der Universität Linz. Neben der fehlenden automatischen Einbindung der Vorsitzenden in die BV lasse auch der im HSG-Entwurf vorgesehene Zusammenschluss zu Listenverbänden einen "zu großen Spielraum für Missbrauch offen", heißt es in einer Stellungnahme.

Amüsiert zeigte sich SPÖ-Wissenschaftssprecher Josef Broukal in einer Aussendung über den Offenen Brief: Brinek seien nun "die Kronzeugen abhanden kommen". Die ÖVP solle ihren Initiativantrag zum HSG zurückziehen. "Es wird Zeit, dass die Profis im Bildungsministerium wieder das Kommando übernehmen. Zurück mit diesem Husch-Pfusch-Antrag, her mit einer ordentlichen Regierungsvorlage", so Broukal.

Durch die HSG-Novelle sollen die Studenten die ÖH-Bundesvertretung nicht mehr direkt wählen können. Stattdessen würden bereits ab der nächsten Wahl im Frühjahr 2005 die Mandatare dieses Gremiums von den Universitäts- und Akademievertretungen der einzelnen Hochschulen gemäß der Mandatsstärke der Fraktionen entsendet werden. (APA)