Beflügelt vom guten Wind, der den zweiten Anlauf zur Übernahme der VA Tech begleitet, macht sich bei Siemens offensichtlich Übermut breit. Ohne das Objekt der Begierde im Bett zu haben, philosophiert Siemens-Österreich- Chef Albert Hochleitner bereits laut darüber, wo Arbeitsplätze zu überdenken seien. Dort ein paar Jobs zu viel, hier ein paar Büros überflüssig - vom sorgenvollen Grübeln über die Möglichkeiten zur Erhaltung hunderter Arbeitsplätze, das nach der öffentlich gewordenen Empörung originellerweise via Aussendung nachgereicht wurde, war wenig zu bemerken.

Dass die Verlockung groß ist, den widerspenstigen Konkurrenten in der VA-Tech-Chefetage zu zeigen, wo es künftig langgeht, ist ja nachvollziehbar. Schließlich wird der ehemals teilstaatliche Elektromulti allseits begrüßt und belobigt, den angeschlagenen Anlagenbaukonzern aus den Klauen unberechenbarer Spekulanten befreit zu haben. Besonders klug war es nicht. Denn die Freude über den Einmarsch der Deutsch-Österreicher wird eine enden wollende sein, angesichts dieser Vorzeichen.

Außerdem: Ganz so leicht, wie Mirko Kovats seine Aktien abzunehmen, wird die Totalübernahme und Filetierung der VA Tech vermutlich nicht. Zumindest nicht so billig, wie derzeit geplant. Denn beim Börsengang vor zehn Jahren wurden der VA Tech einige Giftpillen eingebaut, gegen deren Wirkung Siemens noch teures Gegengift einkaufen wird müssen. Das in der Satzung verankerte Höchststimmrecht ist so eine "poison pill". Sie beschränkt das Stimmrecht eines Aktionärs - auch eines Mehrheitsaktionärs - auf maximal 25 Prozent. Zwei verbündete Fonds, die nicht verkaufen wollen, genügen also, um die geplante Teilung der VA Tech zumindest hinauszuzögern. Das kann teuer werden. Die VA Tech wäre dann kein billiger Jakob mehr. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 17.11.2004)