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Margaret Atwood auf einem Archivbild aus dem Jahr 2000.
Foto: REUTERS/DYLAN MARTINEZ
Toronto - Die Kanadierin Margaret Atwood verknüpft zwei Welten - die Literatur und die Naturwissenschaften. Als Tochter eines Insektenforschers im Busch aufgewachsen und mit der Wildnis eng vertraut, sind viele ihrer Bücher von der Sorge um die Natur und die Zukunft der Menschheit geprägt. Atwoods Szenarien sind düster, ihre Perspektive von der Welt beängstigend. Seit vor mehr als 40 Jahren ihr erster Gedichtband erschien, erwarb sie sich den Ruf als Kanadas größte und erfolgreichste Autorin. Atwood, die am 18. November 65 Jahre alt geworden ist, hat mehr als 20 Romane geschrieben, dazu Kurzgeschichten und Gedichtbände, Theaterstücke und Hörspiele sowie etliche Kinderbücher. Ihr Werk ist in 30 Sprachen übersetzt.

Abgeschiedenheit formt Leidenschaft

Die Leidenschaft für das geschriebene Wort begründet Atwood damit, dass sie ihre ersten Lebensjahre mit ihren Eltern in einer Holzhütte in Kanadas hohem Norden verbrachte und weder von Spielgefährten noch Fernsehen abgelenkt wurde. So habe sie früh lesen gelernt und sei bis heute "süchtig" nach Büchern. Später zog es die Autorin hinaus in die Welt, sie lebte in zahlreichen kanadischen Städten, aber auch in England, Schottland und Frankreich. Zurzeit ist Toronto ihr Zuhause.

In dem Roman "Oryx und Crake" (2003) führt die Biotechnologie zum jähen Ende der Menschheitsgeschichte. Eine Virusepidemie vernichtet die Menschheit bis auf einen Mann und ein paar gentechnologisch fabrizierte Menschlinge. Das verheerende Szenario nutzt Atwood, um Fragen zur Umweltpolitik, Biotechnologie und den menschlichen Werten aufzuwerfen.

Frauenrollen

In ihren ersten beiden Romanen "The Edible Woman" (1969; dt. 1985 "Die essbare Frau") und "Surfacing" (1972; dt. 1979 "Der lange Traum") setzte sie sich mit dem Rollenbild der Frau im modernen Kanada auseinander. 1973 erschien ihr erster satirischer Roman "Lady Oracle" (dt. 1984). In "bildmächtiger Prosa", urteilten KritikerInnen, beschrieb Atwood in ihren weiteren Romanen wie "Life Before Man" (1979; dt. 1980 "Die Unmöglichkeit der Nähe") und "Bodily Harm" (1981; dt. 1982 "Verletzungen") die Konflikte der emanzipierten Frau zwischen Familie und Beruf, zwischen alten und neuen Rollenvorstellungen.

"Der Report der Magd"

Mit einem Werk auf den Spuren George Orwells überraschte die Kanadierin ihre LeserInnen Mitte der 1980er. "The Handmaid,s Tale" (1986; dt. 1987 "Der Report der Magd") beschreibt die moderne Versklavung der Frau durch religiöse FundamentalistInnen in den USA. Regisseur Volker Schlöndorff verfilmte den literarischen Stoff zusammen mit der Autorin in Jahr 1989 ("Die Geschichte der Dienerin"). Ihren Ruf als wichtigste und prominenteste kanadische Autorin der Gegenwart unterstrich sie 1989 mit "Cat's Eye": Der Kräfte zehrende Kampf unter Frauen ist der Stoff für Atwoods Geschichte über die Freundschaft zweier Frauen im Kanada der Nachkriegszeit.

Historischer Fokus

Mitte der 1990er eroberte sie neues Terrain. Nach dem Rollenbild der Frau konzentrierte sich Atwood auf historische Geschichten. In "Alias Grace" berichtet sie über die schöne Magd Grace, die 1843 wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt wurde. Für den Gesellschaftsroman "The Blind Assassin" (2000) erhielt Atwood im November 2000 den Booker-Preis - die wichtigste Auszeichnung der englischsprachigen Literaturwelt. Die Jury lobte ihre "Erzählkraft" und ihr "poetisches Auge". Die Autorin selbst blieb bescheiden: "Es geht nicht nur um ein Buch - es geht insgesamt um das Lesen und das Schreiben", sagte sie nach der Preisverleihung. (APA/dpa)