Der designierte EU-Kommissionspräsident Barroso.

Paris - Der designierte EU- Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso hat weitergehende Änderungen an seinen KandidatInnenvorschlägen für eine neue EU-Kommission nicht ausgeschlossen. Ein einfaches Austauschen des umstrittenen italienischen Kandidaten Rocco Buttiglione reiche nicht aus, sagte Barroso am Donnerstag dem britischen Sender BBC. Es werde auch keinen völligen Neuanfang geben. "Aber natürlich kann es auch bedeuten, dass es nicht nur eine Änderung, sondern mehrere Änderungen gegeben könnte", sagte er.

Dem französischen Sender Europa 1 sagte er, der Umbau könnte "deutlich weniger als acht, zehn" der 25 Kommissare betreffen und innerhalb eines Monates abgeschlossen sein. "Es wird keine umfassende Umbesetzung geben, sie wird sehr begrenzt sein." Einzelheiten nannte er nicht.

Unterstützung für Buttiglione

Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi erneuerte am Donnerstag seine grundsätzliche Unterstützung für Buttiglione. Die Kandidatur des ehemaligen Philosophieprofessors beruhe auf "Konsens und Wertschätzung", sagte er der Zeitung "La Stampa". Allerdings sagte er nicht ausdrücklich, dass Buttiglione der italienische Kandidat für die Kommission bleiben wird.

In Rom gilt mittlerweile Außenminister Franco Frattini als aussichtsreichster Kandidat für den Posten eines italienischen EU-Kommissars. Alternative Kandidaten sind auch Ex-Wirtschaftsminister Giulio Tremonti sowie der scheidende EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti. Dieser war von der Regierung Berlusconi nicht bestätigt worden, weil der Ministerpräsident ihm nicht verziehen hatte, den im Juli von Tremonti freigelassenen Posten des Wirtschaftsministers nicht akzeptiert zu haben. Über eine Alternative zu Buttiglione soll Berlusconi auch mit dem scheidenden EU-Kommissionspräsidenten Romano Prodi bei einem Treffen in Rom diskutiert haben.

Neben Buttiglione gelten auch die designierte Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes aus den Niederlanden, die dänische Agrarkommissarin Mariann Fischer-Boel sowie die lettische Steuerkommissarin Ingrida Udre als Problemfälle. Besonders negativ fiel die Beurteilung der Kompetenzen des designierten ungarischen Energiekommissars Laszlo Kovacs aus.

Verheugen: Barroso durch Streit gestärkt

EU-Kommissar Günter Verheugen sieht die Position des Kommissionspräsidenten durch den Streit über die künftige EU-Kommission gestärkt. Mit der Rücknahme seines Kommissionsvorschlags habe Barroso klar gestellt, dass es Konsequenzen geben müsse, wenn einzelne Kandidaten die Anhörung durch Parlamentsausschüsse nicht überstünden, sagte Verheugen im Deutschlandfunk. "Jeder Präsident wird jetzt sagen, gebt mir die Leute, mit denen ich arbeiten kann", fügte der SPD-Politiker hinzu. Verheugen ist bislang für die Erweiterung der EU zuständig und soll unter Barroso das Ressort Industriepolitik übernehmen. Die Kandidaten für die Kommission werden von den nationalen Regierungen benannt, die Kommission muss dann in Gänze vom Parlament bestätigt werden.

Juncker: "Unkomfortable Lage"

Der luxemburgische Ministerpräsident Jean-Claude Juncker bekräftigte ebenfalls im Deutschlandfunk, dass nun die Regierungschefs der Mitgliedstaaten am Zuge seien. Barroso sei in der relativ unkomfortablen Lage, dass er Politik mit Kommissaren machen müsse, die er nicht benannt habe, die er aber durchs Parlament bringen müsse. "Ich habe große Zweifel, ob die Regierungschefs verstanden haben, was hier passiert ist." Es wäre schlecht, wenn sie auf Durchhalten setzten. Die Regierungschefs dürften keinen Dauerkonflikt mit dem Parlament programmieren. (Reuters)