"Wenn meine fast erwachsenen Kinder Hunger haben, stecken sie sich etwas in die Mikrowelle", erzählt Peter Stehle, Leiter des Instituts für Ernährungswissenschaft der Universität Bonn. "Ich glaube nicht, dass sie in den kommenden zehn Jahren kochen lernen. Dafür haben sie gar keine Zeit." Deshalb werden seiner Meinung nach die Küchen bald aus vielen Häusern verschwinden. "Sie sind schon jetzt reiner Luxus: Sie kosten viel Geld und werden kaum genutzt."
Diese Vision teilt Ulrich Oltersdorf, Chef des Karlsruher Instituts für Ernährungsökonomie - wenn auch mit Bauchweh. "Eigentlich hätten wir alle die Zeit zu kochen und uns ausgewogen zu ernähren, aber wir setzen andere Prioritäten."
Ernährungsanalphabeten
Über 20.000 Neuerungen verzeichnet der Lebensmittelmarkt pro Jahr, "aber kaum ein Kind kann noch einen Apfel schälen und dessen Geschmack genießen", bedauert Oltersdorf. "Da kommt eine Generation der Ernährungsanalphabeten auf uns zu."
Ihre Verköstigung übernehmen künftig Maschinen, lautet die Prognose von Hans-Georg Joost, Leiter des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung in Potsdam. Wo in Kantinen bisher noch die Teller an langen Buffets vorbeigeschoben werden, könnten schon bald Automaten stehen, die auf Knopfdruck ein Menü ausspucken. Für die Akzeptanz beim Verbraucher sorgt die Werbung, die bereits heute das schlechte Image von Fast Food aufbessern will. Der neue Begriff heißt Convenience Food, abgeleitet vom englischen Wort für Bequemlichkeit.
Convenience Food auf Knopfdruck
Da Fertigprodukte meist kalorien- und fettreich sind, wird das Problem Übergewicht weiter auf der Gesellschaft lasten. Darauf müssen die Krankenkassen früher oder später mit einem Bonus- oder Malussystem reagieren, sind sich die Wissenschafter einig. Von Verboten für Fast Food halten sie nichts. "Die Prohibition bei Alkohol hat auch nicht funktioniert", sagt Oltersdorf.