Kennen Sie Düsseldorf? Düsseldorf ist nicht die beliebteste Stadt Deutschlands. Man denkt bei Düsseldorf immer an Lurexfäden, die sich über dicke Frauenbusen ziehen. Düsseldorf ist, was die ukrainische Mafia "nouveau richie" nennen würde. Deshalb liebe ich Düsseldorf, weil es geschafft hat, seit 60 Jahren neureich zu sein und keine Hand breit von dieser Lebenshaltung abzuweichen. Auch wenn man heute Currywürstchen zum Cocktail reicht statt Kaviar-Häppchen - auf die Currywurst wird immerhin noch Blattgold gestreut. Das putzt ungemein. Was gibt es Schöneres, als neureich zu sein? Weder Altarm noch Altreich haben so viel Spaß. Düsseldorf ist außerdem stock-katholisch, aber durch Düsseldorfs Eigenheiten wird dieser Glaube leicht anders gehandhabt als hierzulande. Nennen wir ihn ruhig den Lurex-Katholizismus. Vorgestern rief Freund Wolf aus Düsseldorf an und bestellte bei mir ein Dutzend Seligsprechungs-Tässchen. "Wie sagt ihr? Häferl oder so heißt dat doch bei euch, oder? Wir brauchen sofort 12 Seligsprechungs-Häferl hier in Düsseldorf."

Ich machte Wolf klar, dass die österreichische Merchandising-Industrie nicht ganz so fix ist wie die japanische und dass ich noch kein Seligsprechungs-Häferl gesehen hätte. "Na, dann müssen wir schnell eins designen." Wolf umriss schnell das Design des Seligsprechungs-Häferls: Die Form eines dicken, braunen, brasilianischen Frauenbeins - "und wenn man heißen Kaffee reinkippt, werden die Adern blau - und wenn der Kaffee kalt ist, sind sie wieder unsichtbar. Is doch ne tolle Idee, was?" Ja, Wolf. "Du, und dann machen wir gleich die Krampfadern-Schnitte dazu, wie findste denn dat?" Ja, Wolf. "Du, mit Madeira. Die violetten Adern, die die Creme-Schnitte durchziehen, sind aus Madeira. Wie findste dat?" Super, Wolf. " Also, dat Rezept ist ein Original-Rezept von Kaiser Karl, und wir sagen, wir hätten das Rezept in Madeira gefunden. Liegt er eigentlich in der Kapuzinergruft, der Karl?" Nein, Wolf, in Madeira. "Die müssen den rausrücken. Der gehört nach Wien. Die Umbettung ist eine tolle Promotion für die Einführung der Krampfadernschnitte." Ja, Wolf. "Sollen wir das Krampfadernschnittenrezept der Aida oder dem Demel geben?" Wolf liebt Cremeschnitten - und wenn er nach Wien kommt, isst er immer ganz viele bei der Aida. Ab und zu will jemand Wolf zu einer dieser Spezialitäten-Konditoreien bekehren, aber Wolf meint, dass eine Firma, die 19 Filialen hat, bessere Cremeschnitten fabrizieren muss als eine mit zwei Filialen. "Du, wir geben das Rezept beiden, und in drei Jahren gibt's dann Riesenprozesse, wer nun die ORIGINAL-Krampfadernschnitte macht." Ja, Wolf. "Du, du hast doch in Österreich so eine Kolumne? Schreib das doch gleich, dass es demnächst die Krampfadernschnitte gibt." Ja, Wolf.

Ihre Cosima Reif , Zufallskolumnistin (Der Standard/rondo/15/10/2004)