"Tagtäglich...": Das Problem häuslicher Gewalt suchen die Frauenhäuser mittels Plakatkampagne ins öffentliche Bewusstsein zu bringen.
Plakatkampagne der Österreichischen Frauenhäuser
Wien - Die ganze Wahrheit über Alltagsgewalt sei den Menschen oft nicht zumutbar, weiß Thomas Kratky, Geschäftsführer bei der Werbeagentur Young & Rubicam Vienna. Aus diesem Grund habe man für die Ende Oktober anlaufende neue Kampagne der Österreichischen Frauenhäuser "keine schockierenden Sujets" gewählt, die Seher und Seherin ob ihrer Massivität "rasch wegdrängen". Sondern solche, "die im Kopf und im Herzen etwas geschehen lassen".

Aufmerksamkeit auf "peinliches" Thema lenken

Etwa, wenn - in einem der beiden von der Regisseurin Petra Zündl gedrehten Videospots - ein Mann seine Zigarette im Aschenbecher ausdämpft. "Glück gehabt. Tagtäglich werden Frauen mit Zigaretten verbrannt", kommentiert dazu eine Stimme aus dem Off. Andeutungen wie diese, so Kampagneninitiatorin Gabriele Schober von der Wiener Werbeagentur LCC, seien am besten geeignet, die Aufmerksamkeit auf das "peinliche" Thema der häuslichen Gewalt zu richten.

"Wo sicher kein Mann hinkommt"

Diese Gewalt hat im Jahr 2003 insgesamt 2620 Frauen und Kinder bewogen, in einem der bundesweit 21 autonomen Frauenhäuser Zuflucht zu suchen; darüber hinaus bieten noch sechs weitere Häuser außerhalb des Autonomenverbunds ihre Hilfe an. Aktueller Trend: Die Orte, "wo sicher kein Mann hinkommt", - so der Slogan der Werbeoffensive - werden zunehmend von Frauen aufgesucht, die außerhalb des bezahlten Arbeitslebens stehen.

Mehr erwerbslose Frauen

Im Vergleich zum Jahr 2002 sei der Anteil nicht erwerbstätiger Frauen in den Zufluchtsstätten 2003 um sechs Prozent angestiegen, erläuterte bei dem Kampagnenpräsentation Maria Rösslhumer, Geschäftsführerin des Vereins Autonome Österreichische Frauenhäuser. Mit 66,52 Prozent aller Schutzsuchenden stellten die so genannten Nur-Hausfrauen den höchsten Klientinnenanteil. Viele dieser Frauen, so Rösslhumer, kämen aus patriarchalen EinwandererInnenfamilien; ihre Aufenthaltsgenehmigung sei an jener ihrer Männer gekoppelt.

Doch auch die Einführung des Kindergeldes könne mit diesem Trend in Zusammenhang gebracht werden: Mehr Frauen als noch vor wenigen Jahren widmeten sich heute ausschließlich der Familie und den Kindern. Um den Preis totaler Abhängigkeit - ökonomischer wie physischer. Die von den PR-Profis gratis erstellte Frauenhauskampagne solle solche Entwicklungen stärker ins öffentliche Bewusstsein rücken. Auf dass es bald Mittel für "dringend nötige" neue Frauenhäuser im Waldviertel, dem Südburgenland und der Südsteiermark gibt. (D ER S TANDARD , Print-Ausgabe, 13.10. 2004)