Wer den Strand für sich allein will, schaltet auf "Besetzt"

Frégate Island Private
Es muss schon eine ganz besondere Stimmung gewesen sein, jener Moment, in dem es der Natur gefiel, eine Frucht wie die Coco de Mer zu erfinden. Schon einmal die Idee, eine Pflanze in Weibchen und Männchen aufzuteilen.

Das ist soweit nichts Ungewöhnliches, es gibt eine Vielzahl von Gewächsen, die nach demselben Prinzip funktionieren. Aber dann, diese eigenartigen Formen: zwei ineinander verwachsene, stattliche Rundungen, ca. 30 Zentimeter lang, zehn bis 15 Kilo schwer, dunkelbraun, gleichmäßig. Dazu der männliche Blütenstand. Diesem seltsamen Paar - und das ist jetzt wirklich keine Überraschung mehr - sagt man besondere, magische Kräfte nach. Was soll man auch sagen: ein Mann, eine Frau, die Seychellen und darauf eben die pure Lust, wie sie die Coco de Mer symbolisiert.

Unzählige Legenden ranken sich um das fabelhafte Pflanzenpaar, alle haben sie mit der erotisierenden Wirkung zu tun, der sich niemand entziehen könne. Schon gar nicht die Luxushotels auf den 21 Inseln der aus insgesamt 115 bestehenden Gruppe. Sie verstehen sich quasi als Standleitung für liebeshungrige Touristen und beschwören unentwegt ihr ganz besonderes Verständnis vom Lustprinzip.

"Frei" oder "besetzt": Was an den meisten Punkten der Welt hauptsächlich für das Betreten bzw. Nichtbetreten von Bedürfnisanstalten gilt, hat auf Frégate Island seine besondere Bedeutung. Über etliche Stufen führt der steinige Weg hinunter zur Bucht mit dem feinen, weißen Sand, den ausladenden Granitfelsen und dem türkisfarbenen Meer. Und wer da unten ganz allein sein will, der dreht oben das Schild einfach um.

"Niemand wird das ignorieren", versichert Patrick Vincent Brizio, Manager von Frégate. Logisch, schließlich lässt sich unschwer erahnen, was einen erwarten könnte.

Frégate ist 15 Flugminuten von der Hauptinsel Mahé entfernt, und Patrick wird sich hüten, die erotischen Ansinnen seiner Gäste zu unterbinden, vielmehr forciert er sie in geradezu unerhörter Weise.

Knapp drei Quadratkilometer ist die Insel groß, und nur 16 Villen sind darauf versammelt. Wer also zwei Wochen ausschließlich zweisam sein will, ist gut beraten, sich in einer dieser Luxusliebesstätten einzuquartieren: Er und sie können sich trotzdem frei bewegen. Die Villen werden ihrem Namen gerecht: Duschen gibt es derer gleich vier plus Badewanne plus Whirlpool mit vorgelagertem Sonnendeck im Freien. Wohn- und Schlafzimmer sind durch eine Terrasse miteinander verbunden, drinnen dunkle Hölzer, wertvolle Antiquitäten, die Bezüge aus feinster Seide.

Stundenlange Spaziergänge kann man in dem riesigen Naturschutzgebiet unternehmen, begegnen werden einem höchstens Riesenschildkröten. Besucher von auswärts haben keinen Zutritt. Es nimmt kaum Wunder, dass auch die Prominenz dergleichen schätzt. Wer das ist, darüber hält sich Patrick bedeckt. Es soll sich aber ein nicht unbekannter Besitzer eines Computerimperiums darunter befinden oder ein bildhübscher Hollywoodschauspieler, der schon einmal sieben Jahre in Tibet war.

Wer immer das gewesen sein mag: Er hat ihn wahrscheinlich auch genossen, den Blick am Abend vom Himmelbett runter aufs Meer und auf die Delfine, die ihre Bahnen ziehen. Umringt von wilder Natur und den tausenden von Vögeln, die praktisch Tag und Nacht durch die Lüfte flattern - vermutlich auch sie auf der Suche nach dem ultimativen Liebesabenteuer.

Eine der beunruhigend schönen Legenden der Seychellen erzählt, dass die Coco-de-Mer-Palmen in stürmischen Nächten zueinander finden und sich paaren und dass es für Menschen unheilvoll ist, bei solchen Liebestreffen dabei zu sein. Wahrscheinlich sind Geschichten wie diese darin begründet, dass alles auf den Seychellen irgendwie erotisch, verführerisch und von freudiger Erregung durchdrungen ist, als ob es nur darum gehe, sich fürs Schäferstündchen in Stimmung zu bringen.

Ein Ausflug auf Praslin? Dort - übrigens ursprünglich weltweit nur dort - wächst eben die inspirierende Coco de Mer. Oder nach La Digue? Wenn die Sonne es will, kann man gar nicht anders, als die Welt durch eine rosa Brille zu sehen. Dann nehmen selbst die Granitfelsen diese verführerische Farbe an und schillern in orgiastischem Pink. Und Round Island? Das auf der ehemaligen Leprainsel gegenüber Mahé gebotene Barbecue mit dem zweifellos besten gegrillten Thunfischsteak der Welt gehört zugegebenermaßen zu einer anderen Form der Lustbarkeit.

Wobei das Luxusparadies Frégate Island nur als Synonym stehen soll für eine Reihe von Luxushotels, für die die Seychellen hinlänglich bekannt sind. Ste. Anne zum Beispiel, nur fünf Bootsminuten von Mahé entfernt, bietet ebenso jeden erdenklichen Komfort und am Nachmittag Kaviarcanapés, direkt am Sofa auf der Terrasse kredenzt. Umsorgt werden Honeymooners und solche, die es noch werden wollen, auch hier, keinen Schritt müssen sie auf der großzügig konzipierten Anlage zu Fuß gehen, einmal links und rechts geschaut, schon flitzt von irgendwoher ein Buggy herbei und nimmt sie mit, egal ob zum Strandbett, in die Bar, in eines der beiden Restaurants oder zum Naturschutzgebiet mit seinen Wanderwegen durch artenreichste Pflanzenwelt.

Mit all dem will auch das Le Meridien auf Mahé reizen. Und hat dabei noch einen Vorzug, vermittelt es doch durch seine Lage ein gewisses Maß an Authentizität. Angeblich soll es ja auch Verliebte geben, denen ihr Umfeld nicht ganz gleichgültig ist. An der Fisherman's Cove, dort, wo das Le Meridien liegt, tummeln sich an Wochenenden die Einheimischen. Wem das dann doch zu viel ist, der kann auf unzählige öffentliche Strände ausweichen, sie sind traumhaft und menschenleer, wenngleich ohne "Frei"- und "Besetzt"-Schilder.

Dass all das einen ungemein unerotischen Preis hat, ist hinlänglich bekannt. Und hier droht dem allgegenwärtigen Lustprinzip ein jähes Ende. Die Seychellen sind durchwegs ein teures Pflaster, ob in den Hotels oder auch außerhalb. Was die lieben Liebenden nicht hindern soll: Schließlich gibt es ja daheim noch den eigentümlichen Brauch der Hochzeitsliste. Und die wird sich ja doch bitte sehr einschlägig umfunktionieren lassen. Es ist garantiert für einen magisch-guten Zweck. (Doris Priesching, Der Standard/rondo/8/10/2004)