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Die Eröffnung des Trainigcenters.

Foto:Archiv
Gleich hinter dem ersten Hügel im Westen von Graz, wo die Steiermark so gar keine Stadt vermuten lässt, wohnt Herr Reicher. Um das alte Haus Reichers herum errichtete der Fußballmeister GAK ein Trainingszentrum mit vier Naturrasen-Spielfeldern, einem Kunstrasenplatz (weicher als der Gelenkeabnützer von Salzburg), einem Tormann-Trainingsplatz, einem Einzeltrainingsplatz und einem Allroundplatz. Den auf den ersten Blick merkwürdigen Sprinthügel wünschte sich das Trainerteam um Walter Schachner: "Ich hab das in Italien gesehen", sagt er, "so kriegt der Körper beim Konditionstraining den richtigen Widerstand."

Auch der ganze Verein kämpft mit Widerständen wie dem Herrn Reicher, der sich als einziger Grundbesitzer sein Häuschen partout nicht ablösen wollte und nun mitten im GAK-Herzen wohnt. Mittlerweile wurde das Haus in den Vereinsfarben gestrichen, Herr Reicher hilft mit, wo er kann, und spendiert dem GAK-Präsidenten Roth jedesmal eine Flasche Wein vor lauter Glück über seine neue Umwelt. Dazu gehört seit Donnerstag eine Replika der Madonna von Mariazell, wohin der Verein aus Dank über den Meistertitel eine Wallfahrt veranstaltete. Der Superior der Wallfahrtskirche segnete am Freitag das Vereinsheim, Assoziationen mit Schiffs-und Autotaufen sind nahe liegend und doch unergiebig. Denn der nächste Meistertitel wird nicht dem Himmel abgetrotzt, sondern bestenfalls der Planung.

Keine Hilfe

Während in Graz das Gerücht umgeht, der Konkurrent Hannes Kartnig von Sturm Graz habe von seinem Trauzeugen Frank Stronach einen Zuschuss in der Form eines Saison-Abos für einen ganzen Stadionsektor erhalten, konzentriert sich Roth auf die lösbaren Probleme: "Der Nachwuchs kostet uns 700.000 Euro im Jahr, wir haben in diesem Bereich 35 Leute angestellt, manche teilzeitmäßig. Und wir kriegen keine Hilfe. So geht das allen Vereinen, die ernsthaft Nachwuchsarbeit betreiben. So geht das aber nicht weiter, wir brechen fast zusammen."

Von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, der auf etliche einschlägige Briefe nicht antwortete, ist keine Hilfe zu erwarten, untergeordnete Bundesinstanzen weisen auf die rund zehn Millionen Euro hin, die der ÖFB an spezieller Sportförderung im Jahr einstreift. Roth: "Der ÖFB gibt zwölf Prozent an die Bundesliga und das Allermeiste an die Landesverbände weiter." Übrigens bringt die Liga auch fast 70 Prozent der Million Euro auf, die der Betrieb der Bundesnachwuchszentren kostet, den Rest steuern die Landesverbände, das Bundeskanzleramt (wenig) und der ÖFB bei.

Perfekt Ausstattung

Alle Plätze liegen unter Regen und künstlichem Licht, falls erforderlich, das Hauptgebäude beherbergt Fitnesscenter, Cafeteria, Tribüne für das Amateure-Spielfeld, Internat (für Profis im Kasernierungsfall und Gäste), Kabinen samt Physio- und Mediko-Abteilung. Und die gesamte GAK-Verwaltung. Roth: "Wir ersparen uns künftig 10.000 Euro Miete im Monat, das rechnet sich also."

Die Anlage (2000 Quadratmeter verbaute Geschossfläche, 70.000 Quadratmeter Gesamtfläche) wurde vom Grazer Architekten Josef Hohensinn geplant und in genau einem Jahr errichtet. Die Kosten von beinahe sieben Millionen Euro erbrachten zu je einem Drittel das Land Steiermark, die Stadt Graz und der Verein (dank seiner Marketingtochter und großer Sponsoren wie Liebherr und Haas-Bau). Die Amateure tragen hier ihre Heimspiele aus, das Haupthaus trägt an der Seite eine 500 Menschen fassende Tribüne. Roth: "Wir haben uns in Europa umgesehen, diese Anlage ist in Österreich einzigartig und auf dem neuesten internationalen Stand."

Eine Scheibe abschneiden

Jedenfalls können sich weit besser bestallte Klubs wie Rapid oder die "no-limits"-Austria mit ihren je ein bis zwei Trainingsfeldern davon einen Sechzehner abschneiden. Schachner: "Ich erwarte mir mehr Motivation. Die jungen Fußballer sehen die Profis, und die Profis haben ein Zuhause. Das Pendeln hört sich auf, wir ersparen uns Zeit, wir können effizienter arbeiten. Niemand kann ständig einen Titel garantieren, aber wir haben dem Verein nun eine vernünftige Basis gegeben." (DER STANDARD Printausgabe 2./3. 10. 2004)