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Cambridge - Country-Musik steigert die Rate der Selbsttötungen. Unabhängig von wirtschaftlicher Lage, Ehestand oder der Verfügbarkeit von Waffen legen Mitglieder der weißen Gesellschaft in den USA häufiger Hand an sich, wenn der Anteil von Country-Musik bei den lokalen Radiostationen hoch ist.

Diese Ergebnisse, die Steven Stack und James Gundlach von der Wayne State Universität in Detroit schon 1992 in der Zeitschrift "Social Forces" veröffentlicht hatten, brachten den Forschern am Donnerstagabend ganz besondere Ehren ein: Sie erhielten den diesjährigen Ig-Nobel-Preis für Medizin. Die These der Forscher: Country-Musik fördere Selbstmordgedanken, weil sie häufig von Problemen wie Ehezerwürfnissen, Alkoholabhängigkeit oder Arbeitsentfremdung handle.

Erst lachen, dann denken

Schon seit 14 Jahren vergibt eine Jury die Ig-Nobel-Preise an Forschungen und Ergebnisse der etwas anderen Art. Sie durchforstet die Presse und wissenschaftliche Literatur nach Dingen, die "zunächst zum Lachen, dann zum Denken anregen". Ig-Nobel-Preise (von ignoble = schändlich oder unwürdig) haben neben abstrusen Erkenntnissen auch schon viele bekannte Forscher erhalten. Höhepunkt des Jahres ist für viele Anhänger immer wieder die Verleihung der Preise im Sanders-Theater der Harvard-Universität in Cambridge (USA), eine Show, die hinter den Oskar-Verleihungen kaum zurücksteht und immer bereits lange im Voraus ausverkauft ist.

Toleranz durch Karaoke

Mit dem Friedenspreis wurde in diesem Jahr ein krasser Außenseiter geehrt: Daisuke Inoue aus Hyogo (Japan), der Erfinder des Karaoke, für "einen ganz neuen Weg, wie Menschen lernen können, einander zu tolerieren". Dass Sparsamkeit im Mittelpunkt des diesjährigen Wirtschaftspreises stehen würde, war nicht weiter verwunderlich, eher schon der Preisträger, der Vatikan. Er wurde für die höchst ökonomische Idee geehrt, auch Messen und Gebete "outsourcen" zu können. Die Hilfe der Zentrale in Rom nämlich vermittelten amerikanische katholische Kirchen per E-Mail seit einiger Zeit Messen für Verstorbene nach Indien. Der Grund: Priestermangel und Preisvorteile.

Auch in diesem Jahr lagen Bekannte und Unbekannte nah beieinander: Während der Biologiepreis an eine internationale Gruppe von Meeresbiologen ging, die nachwiesen, dass sich Heringe durch Fürze, besser gesagt durch Töne verständigen, die sie durch Gasblasen aus dem Hintern erzeugten, wurde mit dem Chemie-Preis die Coca-Cola-Gesellschaft in Großbritannien "geehrt". Sie hatte Leitungswasser in Flaschen verkauft und dies mit einem besonderen Reinigungsprozess gerechtfertigt. Das Unternehmen wurde dann allerdings wegen zu großer Belastung mit Bromverbindungen gezwungen, ihr Juppie-Wasser "Dasani" wieder vom Markt zu nehmen.

Kaschierte Glatze

Auch die Tücken des Alltags und ihre wissenschaftliche Lösung rückten wieder einmal in den Fokus der Ig-Nobel-Jury: So lies sich Frank Smith aus Orlando seine eigene Methode patentieren, die verbliebenen Haarsträhnen von drei Seiten über Kopf zu kämmen, um so die sich ausbreitende Glatze zu kaschieren. Der Lohn des Tüftlers war der diesjährige Technik-Preis. Der Preis für Physik ging an eine kanadisch-amerikanische Forschergruppe, die die Dynamik von Hula-Hoop-Reifen untersuchte. (apa/dpa)