Herbert Boeckls "Leda mit dem Schwan" (1934 , 340.000 Euro)

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Noch vor den Messe-Events locken Wiens Kunsthändler mit Herbstausstellungen. Teil eins widmet sich den Bilderwelten des Biedermeiers, der klassischen Moderne und der zeitgenössischen Kunst. Mit attraktiven Angeboten von Künstlern wie Rudolf von Alt, Carl Moll, Franz von Defregger, Oskar Kokoschka oder Max Weiler.


Wien - Den Auftakt im Eröffnungsreigen absolviert der ehrwürdige Kunstsalon Kovacek. Seit 25 Jahren bespielt Peter Kovacek sein Geschäftslokal mit österreichischer Malerei des 19. und 20. Jahrhunderts. Heuer eröffnen zwei Aquarelle von Rudolf von Alt die Chronologie der Ausstellung: ein Blick auf den alten Wiener Südbahnhof von 1842 und eine Ansicht des Mondsees mit der Drachenwand von 1843 (40.000 €).

In der Kategorie spätbiedermeierliche Blumenmalerei präsentiert man ein technisch bravouröses Stillleben von Josef Lauer (um 1850), bei dem sich der Künstler nur bedingt an ikonografische Konventionen hielt: Statt praller sind es hier verschrumpelte Trauben, die im Kontrast zum saftigen Orange der Zitrusfrüchte stehen. (27.500 €).

Aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zeigt der Kunsthändler 15 Gemälde, darunter Frühling in Perchtholdsdorf, gemalt vom 25-jährigen Carl Moll (120.000 €) oder ein Kinderporträt Franz von Defreggers. Mit keckem Blick sucht der strohblonde Bauernbub, mit säuberlich zugeknöpftem Wams, einem neuen Besitzer (28.000 €).

Klassische Moderne von Andersen bis Weiler steht im Mittelpunkt der Präsentation von Wienerroither & Kohlbacher. Von Erstgenanntem ein Gabentisch herbstlicher Ernte, mit Maiskolben und knackigen Äpfeln, ein prachtvolles um 1930 entstandenes Stillleben (22.000 €).

Von Kolo Moser offeriert das seit sieben Jahren neben dem Café Central residierende Duo eine Kollektion fünf klassischer Sezessionsbilder, etwa den herrlichen Blick über die Dächer von Payerbach aus dem Jahr 1908. Und natürlich darf an dieser Adresse eine Auswahl an Bildern von Oskar Kokoschka und Josef Floch nicht fehlen: unter den Kokoschka-Zeichnungen etwa Hummer auf einem Teller, aus der Floch-Offerte das architektonische Landschaftsstück Weisser Berg (32.000 €).

Von Georg Jung verbreitet eine Hafenansicht von Genua sommerliches Mittelmeerflair (29.000 €) und Anton Mahringers Blick auf das Gailtal reicht bis zu den Julischen Alpen hin zum Triglav, dem höchsten Berg Sloweniens. Vier Arbeiten Max Weilers - darunter Drei Zinnen, das der Künstler während der Kriegsjahre als Gefreiter malte - beschließen hier die Auswahl.

Qualität und Preis in ausgewogener Relation, ist das Credo der Geschwister Claudia und Roland Widder. Künstler & Kosmopoliten heißt ihr gelungenes Nebeneinander etablierter und noch zu entdeckender heimischer Maler. Und dieser Querschnitt durch das Programm bietet am Budget gemessen Schnäppchen, an der Bedeutung orientiert sind es dann auch noch wahrhaftige Entdeckungen: repräsentativ mit einem Blumenstillleben vom Exilösterreicher Sylvain Vigny (4800 €), der Primavera magica des Surrealisten Victor Bauer oder mit Theodor Aleschas imposantem Dampfer vor der Kulisse New Yorks (3800 €). Willy Eisenschitz, den es 24-jährig nach Paris zog, ist mit sechs Arbeiten vertreten, mit französischen Landschaften und deren typischen Coleurs oder einem mittelalterlichen Dorf inmitten der kargen Drômregion (Le Revest, 38.000 € ).

Orientalisches

Vom Beginn der 50er-Jahre stammen Gustav Hessings nur auf den ersten Blick abstrakt wirkendes Stillleben (40.000 €) und Sergius Pausers Blick aus der Medina, das in den Galerieräumlichkeiten der Johannesgasse für orientalische Atmosphäre sorgt. Und Wilhelm Nikolaus Prachenskys Linz-Ansichten fügen sich gekonnt in diese Auswahl.

Die am Gout der Sammlerklientel ausgerichtete Händlergrätsche zwischen Biedermeier und Zeitgenössischem meistern ab 14. Oktober Giese & Schweiger. Erzählerisch führte hier etwa Johann Michael Neder den Pinsel und bannte 1836 die herrliche Szenerie eines Landkirtags auf Leinwand (120.000 €). Dagegen zeigt Carl Moll im Stillen Weiher eine sehr geordnete, ja, idealisierte Welt und damit ein gemaltes Gedicht.

Und wenn Otto Breicha im Zusammenhang mit Herbert Boeckls Werk von triumphaler Sinnlichkeit sprach, dann hatte er wohl Bilder, wie sein 1934 geschaffenes ausdrucksstarkes Leda mit dem Schwan vor Augen. (340.000 Euro). In der Kategorie Zeitgenössisches lockt man mit den Labels Staudacher, Prachensky und Nitsch in die Akademiestraße. Sie bilden den Abschluss dieses artifiziellen Streifzuges: Von Staudacher gibt es ein Querformat von 1958 zu bewundern, von Prachensky das zuvor in der Österreichischen Galerie ausgestellte Hong Kong Ramble sowie ein Großformat (120 x 215 cm) aus den frühen 80er-Jahren. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 30.9.2004)