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Radio in Österreich ist 80 Jahre alt, der ORF feiert munter. Nationale Konkurrenz ist erst seit heuer erlaubt. Das erste legale Privatradio des Landes wird 2005 gerade zehn.

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Das erste Studio der Ravag, der Vorläuferin des ORF, stand im Heeresministerium. Als sich der Sender am 1. Oktober 1924 mit "Hallo, hallo, hier Radio Wien auf Welle 530" bei seinen Hörern vorstellte, war auch schon wieder Schluss mit dem ersten Privatradio Österreichs. Radio Hekaphon sendete schon 1923, ganz ohne Konzession. Im Hintergrund eine Firma aus dem Umfeld einer Telefonfabriken AG.

Die BBC, britische Mutter aller öffentlich-rechtlichen Sender, begann 1922 als Privatsender. Die sechs größten Hersteller von Funkgeräten gründeten sie aus verständlichen Motiven und bekamen 1923 die passende Lizenz. Erst 1927 stellte sie die Regierung per Gesetz in den Dienst der Öffentlichkeit.

Die Briten erlaubten aber auch als Erste privates Funken - ab 1954 schon kommerzielles Fernsehen. In Finnland durften private Betreiber zusammen mit der öffentlich-rechtlichen YLE bereits ab 1957 privates Fernsehen machen.

Das kleine Herzogtum Luxemburg kommt aus entgegengesetzter Richtung: Bis 1991 gab es dort kein öffentlich-rechtliches oder gar staatliches Radio, von Fernsehen auch weiter ganz zu schweigen. Ein Monopol auf Werbung in elektronischen Medien erfreute die private RTL-Gesellschafterin CLT.

"Ich habe immer gesagt, mir ist das Hochland von Albanien weitaus lieber als das Tiefland von Luxemburg", sagt ORF-Langzeitgeneral Gerd Bacher in einem Montagabend präsentierten Buch zur Medienhistorie. Er empfindet als Kompliment, "ich sei schuld daran, dass es in Österreich so lange keine kommerziellen Sender gegeben habe". Bacher war damit nicht allein: Die Zeitungsverleger fürchteten ihre Werbeeinnahmen an privates Radio oder Fernsehen zu verlieren. Die jeweils regierenden Parteien sorgten sich um die Stärke des ORF, auf den sie Zugriff haben.

1993 verurteilte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte Österreich für sein Rundfunkmonopol. Das knapp zuvor beschlossene Radiogesetz samt den vergebenen Lizenzen hebt der Verfassungsgerichtshof 1995 wegen Schlampereien auf. Nicht zum letzten Mal haben die Höchstrichter an dem Radiogesetz Entscheidendes auszusetzen.

Nur die Antenne Steiermark Ende September und kurz darauf die Antenne Salzburg können starten, weil sie sich mit den Beschwerdeführern gegen ihre Lizenzen einigen. Die Steirer überflügeln in ihrem Bundesland rasch Ö3. Das öffentlich-rechtliche Popradio hat sich längst auf die Konkurrenz vorbereitet, als am 1. April 1998 in allen Bundesländern Privatradios starten können.

Einen Vorteil garantieren die Gesetze Ö3 bis zum Sommer 2004: Dann erlaubt das neue Privatradiogesetz auch der kommerziellen Konkurrenz, sich ohne regionale Programmvorgaben zusammenzuschließen. "Kronehit" hat die entsprechende Lizenz zum überregionalen Funken vorige Woche beantragt. (Harald Fidler/APA/DER STANDARD, Printausgabe, 29.9.2004)