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Foto: APA/dpa/Hanschke
Berlin - Rund 700 Menschen haben am Samstag in Berlin gegen die rechtsextreme Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) demonstriert. Zuvor hatte das deutsche Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe das Verbot einer NPD-Demonstration bestätigt. Die "Gegendemonstration" linker Gruppen verlief nach Angaben der Polizei, die mit rund 1.000 Beamten im Einsatz war, friedlich und ohne Zwischenfälle.

Die NPD wollte ursprünglich mit etwa 1.000 Anhängern durch den Stadtteil Wedding marschieren, in dem viele Ausländer, vor allem Türken, wohnen. Unterdessen berichtete der Berliner "Tagesspiegel am Sonntag", die Staatsanwaltschaft der Hauptstadt prüfe die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen NPD-Chef Udo Voigt.

"Berlin bleibt deutsch"

Das Berliner Oberverwaltungsgericht hatte ihr ursprüngliches Verbot der NPD-Demo unter anderem damit begründet, dass das Motto des Aufmarsches "Berlin bleibt deutsch" volksverhetzend sei. Innensenator Ehrhart Körting (SPD) sah dies durch den Beschluss aus Karlsruhe bestätigt. "Berlin hat mit dieser Entscheidung deutlich gemacht, dass bestimmte Grenzen nicht überschritten werden dürfen", betonte er. Trotz des Verbots trafen sich am Samstag etwa 500 meist jugendliche Demonstranten zu einer "Gegenkundgebung". Die Veranstaltung verlief friedlich.

Das Augenmerk der Berliner Staatsanwaltschaft richtet sich auf ein Interview, das Voigt dem rechten Wochenblatt "Junge Freiheit" gegeben hat, berichtete der "Tagesspiegel am Sonntag" vorab. Darin erklärte Voigt Adolf Hitler zu einem "großen deutschen Staatsmann" und beschimpfte die Bundesrepublik Deutschland als "illegitimes System".

Es werde geprüft, ob Voigt gegen das Verbot der Verbreitung von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen verstoßen und sich der Verunglimpfung des Staates schuldig gemacht habe. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft konnte den Zeitungsbericht am Wochenende zunächst nicht bestätigen. Das Blatt berichtete zudem unter Berufung auf rechtsextremistische Internet-Seiten, drei Anführer der Neonazi-Szene seien in die NPD eingetreten. Sicherheitsexperten hielten die Mitteilung für echt.

Die deutsche Jugendministerin Renate Schmidt (SPD) appellierte angesichts der jüngsten Wahlerfolge rechtsextremer Parteien an die Länder, sich mehr für das Aktionsprogramm Jugend gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus zu engagieren. Bis 2006 stelle der Bund dafür 182,4 Millionen Euro zur Verfügung, sagte sie der "Sächsischen Zeitung". Bei den Landtagswahlen vor einer Woche hatte die Deutsche Volksunion in Brandenburg 6,1 Prozent und die NPD in Sachsen 9,2 Prozent der Stimmen erreicht.

Als nächstes deutsches Bundesland wählt Schleswig-Holstein am 20. Februar 2005 einen neuen Landtag. Die dortige Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD) erwartet bei den nächsten Landtagswahlen im Westen kein Erstarken rechter und linker Parteien wie im Osten. "Ich halte das für eine momentane Sonderentwicklung im Osten", sagte sie.

Der sächsische Verfassungsschutz will keine Verbindungsmänner unter den zwölf in den sächsischen Landtag einziehenden NPD-Parlamentariern führen. "Es wird keine nachrichtendienstliche Zusammenarbeit mit Landtagsabgeordneten geben", sagte der Präsident des sächsischen Verfassungsschutzes, Rainer Stock, dem Nachrichtenmagazin "Focus". Laut einer von dem Magazin in Auftrag gegebenen Umfrage plädieren fast zwei Drittel der Deutschen (65 Prozent) für einen neuen Versuch, die NPD zu verbieten.

2001 hatten die deutsche Bundesregierung, der Bundestag und der Bundesrat beim Verfassungsgericht in Karlsruhe das Verbot der rechtsextremistischen Partei beantragt. Nach zwei Jahre stellten die Richter das Verfahren ein, weil das Beweismaterial Aussagen von V-Leuten des Verfassungsschutzes enthielt. In der Sache selbst traf das Gericht keine Entscheidung. Die NPD wird vom Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet. Nach dessen Einschätzung vertritt sie eine "offene, aggressiv-kämpferische Feindschaft gegenüber der freiheitlichen demokratischen Grundordnung". Zudem sehen die Behörden eine "Wesensverwandtschaft" mit dem Nationalsozialismus. (APA/dpa/AP)