Die Vereinten Nationen als Hort beinhart vertretener Partikularinteressen? Aber sicher. Beispiele dafür finden sich genug: Mit dem Iran (das jüngste) oder dem Irak (das prominenteste Exempel) wurde ohne große Umschweife vorgeführt, dass es vielen der 191 Mitgliedstaaten - zumal den Ständigen Mitgliedern im Sicherheitsrat - nicht ums gemeinsame Ganze geht, sondern vielmehr um die Wahrung globaler Einfluss- Sphären. Das ist natürlich legitim. Aber in einer wie der UNO verfassten Organisation fördert das nicht unbedingt Effizienz und Reaktionsvermögen auf weltweite Entwicklungen. Das spiegelt die relativ undemokratische Struktur des Weltsicherheitsrates wider: Dort wird ein Mandat (in fünf Fällen sogar ein ständiges) verteilt, ohne dass es durch Wahlen legitimiert worden wäre und ohne dass die Mitglieder auch nur irgendwem direkt verantwortlich wären. Damit finden sich dort zum einen zumindest die demokratischen Strukturen vieler Mitglieder nicht wieder.

Und zum anderen liegt der Fokus auf Themen, die nicht unbedingt jene der Menschen in den Mitgliedsländern sein müssen. Anders gesagt: Die großen Debatten der Vergangenheit - Umweltschutz, Frauenrechte, Globalisierung - haben nicht Staaten in die UNO getragen, sondern die Zivilgesellschaft, die in der gegenwärtigen UNO-Verfassung kaum reflektiert wird.

Ein Beleg dafür ist auch die gegenwärtig diskutierte Reform: Dabei geht es vor allem um die Machtverteilung im Sicherheitsrat, nicht darum, was diese 59 Jahre alte Nachkriegsorganisation UNO denn im 21. Jahrhundert überhaupt leisten soll.

Insofern steht zu befürchten, dass auch nach einem möglichen Beschluss von Reformen im kommenden Herbst das zutreffen wird, was die International Herald Tribune schon jetzt schreibt: "Die UNO ist eine nützliche, aber äußerst mangelhafte und unvollständige Organisation." (DER STANDARD, Printausgabe, 23.9.2004)