Innsbruck - Untersuchungen der Atemluft sollen in Zukunft mithelfen, Krankheiten aufzudecken. Diese Untersuchungen könnten bald alltäglich werden, wenn es nach dem Willen einiger Wissenschafter geht. Brustkrebs, Angina pectoris, Organabstoßung, Lungentumore oder Schlafstörungen sollen in Zukunft durch die Analyse der Atemluft von Patienten erkannt werden. Experten aus der ganzen Welt treffen sich von Donnerstag bis Sonntag an der Fachhochschule in Dornbirn (Vorarlberg), um die aktuelle Entwicklung zu diskutieren.

Schon seit Hippokrates achten Mediziner auf den Atem ihrer Patienten, gelten unangenehme Gerüche doch als Indikator für mögliche Erkrankungen. Süßlich-fruchtig deutet auf Diabetes hin, Ammoniak-ähnlicher Geruch verrät ein mögliches Nierenproblem und starker Zersetzungsgeruch kommt bei Lungenabszessen häufig vor. Doch kein Arzt käme auf den Gedanken, Krankheiten wie Krebs oder Schizophrenie derart zu diagnostizieren. Mit modernster Technologie soll dies in Zukunft aber möglich werden.

Atem besteht aus 200 Substanzen

"Wir befinden uns mit dem Atemtest kurz vor dem Durchbruch. In Zukunft wird es für Ärzte ganz normal sein, den Patienten Atemproben abzunehmen", erklärte der Amerikaner Prof. Michael Phillips, einer der Vorreiter der Forschung, der an der Tagung in Dornbirn teilnehmen wird, die von Prof. Anton Amann von der Medizinischen Universität Innsbruck organisiert wird. Anfang der siebziger Jahre hatte Nobelpreisträger Linus Pauling erstmals den menschlichen Atem chemisch untersucht und festgestellt, dass er aus über 200 verschiedenen gasförmigen Substanzen besteht.

Für die Analyse sammelt Phillips flüchtige organische Verbindungen durch Bindung an Aktivkohle. Mit Hilfe eines thermischen Desorbers werden sie wieder von der Aktivkohle getrennt und gaschromatographisch untersucht. Dabei lassen sich Muster von kettenförmigen Kohlenstoffatomen - so genannten verzweigten Alkanen - erkennen, die Auskunft über die Stoffwechselaktivität im Menschen geben. Durch den Vergleich dieser Muster können die Wissenschafter Aussagen über mögliche Veränderungen im Körper machen. Das Alkan-Muster verändert sich mit zunehmendem Alter, aber vor allem auch, wenn der Organismus unter Stress steht, wie dies bei Erkrankungen der Fall ist. Je nach betroffenem Organ entsteht so eine Art gasförmiger Fingerabdruck, der dem Arzt als Indikator dienen kann.

Konzentrationen anderer Stoffe untersucht

Neben verzweigten Alkanen werden auch die Konzentrationen anderer Stoffe untersucht, beispielsweise Stickoxid, Kohlenmonoxid, Aceton, Isopren oder Heptanon. Neben der Gaschromatographie werden zunehmend neue massenspektrometrische Methoden mit "sanfter" Ionisation benützt, um Gasproben rasch zu analysieren. So sind in den vergangenen 15 Jahren Massenspektrometer unterschiedlicher Bauart entwickelt worden, die Online-Analysen von Atemgasproben erlauben. Dies bedeutet, dass nicht nur einzelne Proben von Patienten oder Probanden untersucht werden, sondern bei laufender Probenentnahme Veränderungen beobachtet und analysiert werden können.

Erste Studien mit neuen Tests sollen viel versprechend sein. So wurden etwa in den USA im Rahmen einer Studie 48 von 51 Brustkrebspatientinnen richtig erkannt. Das entspricht etwa der Zuverlässigkeit der Mammographie. Auch bei Lungenkrebspatienten erreichte die Verlässlichkeit einen Wert von 85 Prozent. Damit könnte der Atemtest bald zu einer Alternative zu den herkömmlichen Methoden werden. Wo bisher eine Gewebeentnahme notwendig war, könnte die Untersuchung dann völlig risikolos über die Atemluft erfolgen. (APA)