Belgrad/Novi Sad - Die Wahlerfolge der Ultranationalisten bei der Kommunal- und Parlamentswahl in der nordserbischen Provinz Vojvodina dürften nach Ansicht des Belgrader Soziologen Stjepan Gredelj ein Ergebnis der demographischen Veränderungen der vergangenen 15 Jahre sein. In der Vojvodina hatten in den frühen neunziger Jahren rund 180.000 Flüchtlinge aus Kroatien und Bosnien-Herzegowina eine neue Heimat gefunden. In derselben Zeitspanne wanderten vermehrt Angehörige der kroatischen und ungarischen Volksgruppe aus.

Bei den Wahlen am Sonntag war die Serbische Radikale Partei (SRS) zur führenden Kraft in der Hauptstadt Novi Sad, aber auch in Sremska Mitrovica, Sombor und Kikinda geworden. Nach Ansicht Gredeljs blieb dabei auch die internationale Aufmerksamkeit, die zuletzt ethnisch motivierten Zwischenfällen in der Provinz gewidmet wurde, nicht ohne Auswirkung. "Die Internationalisierung der ethnisch motivierten Zwischenfälle hat sich zusätzlich auf den Erfolg der Serbischen Radikalen Partei ausgewirkt, da sie wahrscheinlich auch Stimmen jener Bürger bekommen hat, die ansonsten nicht für sie stimmen würden", meinte der Soziologe gegenüber dem Sender B-92.

Die Situation sei "verwirrend" gewesen und "im schlechtest möglichen Augenblick" entstanden, sagte Gredelj. "Die 'Verteidiger der patriotischen Werte' haben Argumente dafür bekommen, zu behaupten: Schaut her, jetzt will uns Ungarn einen Teil des Gebietes weg nehmen."

19 Sitze für Ultranationalisten im Parlament der Vojvodina

Im Parlament der Vojvodina, in dem in zwei Wahlrunden 60 Sitze nach dem Proporz-System und weitere 60 nach dem Mehrheitssystem besetzt werden, sicherten sich die Ultranationalisten nach Angaben der Wahlkommission der Provinz zunächst 19 Sitze, gefolgt von der Demokratischen Partei (DS) mit 14 Sitzen. Der Bund der Vojvodina-Ungarn, die größte Partei der ungarischen Volksgruppe, erhielt sechs der 60 Sitze. Über ebenso viele Sitze verfügt auch die Demokratische Partei Serbiens (DSS) von Ministerpräsident Vojislav Kostunica.

Die restlichen Sitze entfielen auf die "Kraft Serbiens" von Bogoljub Karic, auf die Sozialisten und auf G17-plus. Die Zusammensetzung des Vojvodina-Parlaments wird allerdings erst nach dem zweiten Urnengang am 3. Oktober feststehen, wenn über weitere 60 der insgesamt 120 Parlamentssitze entschieden wird.

In der Stadtversammlung der Provinz-Hauptstadt Novi Sad ist die SRS mit 34 Gemeinderäten mit Abstand die stärkste politische Kraft. Die Demokratische Partei bleibt mit 24 Gemeinderäten an zweiter Stelle. Bekommt die Stadt am 3. Oktober auch eine ultranationalistische Bürgermeisterin, könnte auch die Stadtverwaltung der SRS zufallen.

Beobachter gehen jedoch davon aus, dass es den demokratisch ausgerichteten Parteien gelingen wird, Koalitionen auf Kommunalebene zu bilden und die SRS somit aus den Machtzentren fern zu halten. (APA)